In allen Phasen seines kurzen Schaffens – der Künstler wählte 1919 den Freitod – entstanden im Werk Wilhelm Lehmbrucks Porträts. Nachdem er aus Paris zurückgekehrt war, erhielt er 1916 den Auftrag, die Bildnisse seines Mannheimer Förderers, des jüdischen Baumwollfabrikanten und Kunstsammlers Sally Falk, und dessen französischer Ehefrau Adèle auszuführen. Die späte Arbeit gehört zu seinen vorzüglichsten Porträts.
In dem Bildnis verzichtete Lehmbruck auf jede naturalistische Ähnlichkeit und wählte eine abstrakte, auf das Plastische konzentrierte Form, die den schönlinigen Umriss des Kopfes betont. Das Bildnis zeichnet sich durch die ungemein zarte Darstellung der Züge der damals 27-jährigen Frau aus, an die sich der Maler und Grafiker George Grosz als einen „seltenen Paradiesvogel“ erinnert hatte. Auch der Schriftsteller Theodor Däubler, der die Schenkung der Büste an die Dresdner Skulpturensammlung 1917 vermittelte, schrieb über Frau Falk: „die Dame ist Französin, aus Marseille, eine typische Provenzalin, denn sowohl Herrn Lehmbruck als auch mir ist, unabhängig von einander, die Ähnlichkeit der Frau Falk mit Typen, die Cézanne gemalt hat, aufgefallen.“ Lehmbruck schuf von der Büste noch eine zweite Version mit Schulteransatz. (Autor: Astrid Nielsen, 2018)

1917 Geschenk des Herrn Sally Falk, Mannheim