Ein wohlgenährtes Kleinkind mit typischen ›Speckfalten‹ liegt rücklings schlafend, mit überkreuzten Beinen auf einem weich drapierten Tuch. Die Augen des Jungen sind geschlossen, der ›atmende‹ Mund ist leicht geöffnet, der linke Arm seitwärts um den Kopf gelegt, während der rechte Arm entspannt auf der Schlafstatt ruht. Der lebensfrische, vollkommen entspannte Körper wurde mit plastischem Einfühlungsvermögen und die kindliche Psyche veristisch präzise erfasst. Eine Deutung als Allegorie des Schlafes ist naheliegend, aber unter ikonographischem Aspekt nicht zwingend. Das Sujet des Schlafenden Knaben liegt im Trend der Inventionen von François Duquesnoy, der von seinen Zeitgenossen als „fattore di putti“ gepriesen wurde. Obwohl sich Balthasar Permoser nicht mit vergleichbarer Konsequenz diesem Thema gewidmet hatte, gibt es von seiner Hand beeindruckend lebendige Kinderdarstellungen, wie die Putten, die den Marmorskulpturen des Apoll (1715) und der Minerva (1716) zur Seite gestellt sind und das Schreiende Kind aus farbigem Marmor (Dresden, Skulpturensammlung). Die Zuschreibungen des Schlafenden Knaben aus Elfenbein wie auch der 1729 von der Kunstkammer zum Grünen Gewölbe gelangten Statuette des Bogenschnitzenden Amor an Balthasar Permoser (siehe Inv.-Nr. II 334) zeigen den höchst innovativen Bildhauer und Elfenbeinschnitzer als einen Künstler, der bereit und in der Lage war, sich an Vorbildern des Fiamingo (=Duquesnoy) zu orientieren.