Die Musik gilt in der symbolistischen Ästhetik als eine bevorzugte Kunstgattung. Unaussprechliches, melancholische Stimmungen und Sehnsüchte konnten mit ihren Mitteln freier zum Ausdruck gebracht werden, als es sprachliche oder bildliche Andeutungen und Allegorien vermochten. Unter dem Titel „Die Melodie“ schuf Zwintscher eine idealisierte, alltagsentrückte Szene. Lakonisch streng gezeichnete Figuren in antikisch anmutender Gewandung erscheinen in einer harmonisch zum Oval geschlossenen Gruppe um ein steinernes Brunnenbecken. Das schlossähnliche Gebäude im Hintergrund sowie das über einen Putto gespeiste Becken geben die Umgebung des Schmidtschen Landhauses am Fürstenberg bei Zaschendorf nahe Dresden wieder. Stark stilisierte Farben, das Blau und Rot der Blüten, der Brunneneinfassung und der Decke, tauchen die Szene zusätzlich in unwirkliches Nachtlicht. Sinnbilder wie die Vergänglichkeit von Klängen oder der Lebenszeit ebenso wie die ewige Wiederkehr des immer Gleichen im Bild des wasserspeienden Putto stehen der Gedankenwelt des Malers nahe, sind jedoch nicht vordergründig festzuschreiben. Ein Porträtverweis auf den Komponisten Rudolf Zwintscher, den Bruder des Malers, in Gestalt des Musizierenden ist denkbar. Der Verbleib einer späteren Fassung der Komposition mit einer Elbsandsteinfelsgruppe im Hintergrund, der 1907 für die Ruhmeshalle Barmen erworben wurde, ist heute unbekannt. (Autorin: Birgit Dalbajewa, 2021)