Die von Joerg Ruel geschaffenen Werke weisen ihn als vielseitigen Goldschmied aus, dessen produktive Werkstatt vor allem figürliche Trinkgefäße, häufig unter Einbeziehung exotischer Konchilien oder Straußeneier, hervorbrachte. Die in ihrer Art ungewöhnliche Kettenflasche zeugt von Kreativität und technischer Meisterschaft seines Schöpfers. Sie zeichnet sich durch die Verwendung außerordentlich großer Perlmutterscheiben aus, welche die Vorder- und Rückseite der Wandung vollständig bedecken. Die exotischen Naturalien werden auf subtile Weise von fein gezahnten Rändern eingefasst und mit einem zentral applizierten, schmuckartigen Besatz akzentuiert. Solche, mit Edelsteinen versehenen „durchbrochene[n] Rosenn wie kleinoth“ (Kunstkammerinventar 1640), die auch die Schmalseiten der Flasche bedecken, sind ein in jener Zeit häufig verwendetes Zierelement. Der Typus der Ketten- oder auch Pilgerflasche, in der man die auf Reisen mitgeführten Getränke in kühles Wasser hängen konnte, wird auf diese Weise zu einem Kunstkammerstück par excellence erhoben, in dem der zart schimmernde Glanz des wertvollen Naturprodukts mit der Kunstfertigkeit der Meisterhand in Wettstreit tritt.