In ihrem späten Œuvre rückte Carriera in ihren Bildnissen von den oft ruhig, auch majestätisch sitzenden Frauenmodellen zugunsten einer bewegteren Figur ab. Sie entwickelte eine Bildsprache, die besonders den Typus der gebildeten, lebhaften und selbstbewussten Frau herausstellte. Das um 1735/1740 gemalte Porträt der Caterina aus der bedeutenden venezianischen Familie der Sagredo – in zweiter Ehe mit Gregorio Barbarigo verheiratet – steht stellvertretend für diese Gruppe. In Auftrag gegeben hatte es Caterina selbst, die kokett aus dem Bild heraus lächelt. Die gegenläufige Drehung von Oberkörper und geneigtem Kopf unterstreicht ihren fordernden, ja provokanten Anspruch. Das Dekolletée wird durch die rote, flatternde Schleife kaum bedeckt. Die üppige Perlenkette und die Ohrringe verweisen auf ihren Reichtum und noblen Stand.
Caterina Sagredo führte ein unkonventionelles Leben. Sie war eine begeisterte Reiterin und vielleicht auch Jägerin, worauf der schwarze Dreispitz deutet. Auf der Giudecca besaß sie ein Anwesen, das sie mit einer Reithalle ergänzte. Dort betrieb sie auch ihr Casino, in dem sie gerne ein vergnügungssüchtiges und internationales Publikum begrüßte. 1747 wurde es jedoch durch die Inquisitoren der Stadt geschlossen.