Die stangenförmige Vase mit Mittelwulst entstand um 1726-30 in der Meissener Manufaktur – zur Zeit Johann Gregorius Höroldts, der 1720 aus Wien gekommen war. Im Gepäck hatte dieser nicht nur sein gestalterisches Talent sondern auch eine kleine Palette neuer Porzellanfarben, die er in den Jahren nach 1720 noch bedeutend erweitern sollte. Neben der organisatorischen Leistung der Einrichtung einer Malerwerkstatt unter seiner strengen Kontrolle ist mit seinem Namen vor allem ein bestimmtes dekoratives Sujet verbunden: das der Chinoiserie. Die Malereien in bunten Aufglasurfarben in den Reserven sind Johann Ehrenfried Stadler zugeschrieben, der unter Höroldt tätig war. Sie zeigen auf der Vorderseite spazierende, bunt gekleidete Menschen in der Natur – Szenen des chinesischen Alltags, wie man ihn sich in Europa vorstellte. Verso sind die Reserven mit üppigen Blumenmalereien ausgefüllt, die aus bizarren Felsformationen wachsen. Die Ränder der Reserven wurden zusätzlich mit goldenen Ornamentbordüren gerahmt.

Die stark beschädigte und restaurierte Vase hat einen unterglasurblauen Fond nach dem Vorbild ostasiatischer „Powder-blue“-Porzellane, wobei in Meissen das Pigment für den Fond aufgetupft und nicht aufgesprüht wurde. Die Vase hat jeweils zwei ausgesparte passige Reserven auf Fuß und Hals, der Mittelwulst blieb zunächst weiß. (Sabine Peinelt-Schmidt, 2021)