Das in der hochkomplizierten Technik des Limousiner Maleremails angefertigte prunkvolle Becken gehört zu den Hauptwerken dieser Kunstgattung. Die Darstellung auf seiner Oberseite zeigt eine Szene aus dem letzten Buch des Neuen Testaments, der Offenbarung (Apokalypse) des Johannes, die Visionen über die Ereignisse bis zur Endzeit beinhaltet: Die Hure Babylon, die "Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden", sitzt auf einem "scharlachfarbenen Tier" mit "sieben Häuptern und zehn Hörnern". In vorreformatorischer Zeit wurde das Gleichnis auf das päpstliche Rom übertragen und erhielt durch einen großformatigen Holzschnitt Albrecht Dürers aus seiner Folge zur Apokalypse (1498) Berühmtheit. Der Einfluss dieser Folge auf die Holzschnitte der Cranach-Werkstatt in Martin Luthers 1522 übersetztem Neuen Testament war enorm und die Hure von Babylon geriet zur allseits bekannten Metapher papstfeindlicher Agitation. Der Emailleur des Beckens kannte offenbar nicht nur die Bibelillustrationen, sondern auch das Dürersche Blatt, da die Sitzhaltung der Hure und die Präsentation des Pokals diesem sehr ähneln. Er platzierte den Papst in den ersten Reihen der weltlichen und geistlichen Würdenträger, die der Hure Babylon, dem Symbol der Lasterhaftigkeit, huldigen.
Das Becken stammt aus dem Nachlass Christiane Eberhardine, der Gemahlin Augusts des Starken. Obgleich ihr Ehemann zum Katholizismus konvertierte, um die polnische Krone zu erlangen, blieb sie immer eine streng gläubige Protestantin. Das Becken scheint geradezu programmatisch ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Katholizismus zum Ausdruck zu bringen.