Überreich mit Edelsteinen und farbenprächtigen Emailverzierungen bedeckte Prunkkassetten wurden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von fürstlichen Sammlern sehr geschätzt. Eine Aufbewahrungsfunktion hatten solche kostbaren Behältnisse, zu denen die Kassette mit kleinem Vogel gehört, wohl kaum zu erfüllen. Doch als 1725 das Pretioseninventar des Grünen Gewölbes verfasst wurde, hat man sie neben anderen im Kapitel »an antiquen Schmuckkästgen und Schreibezeugen« eingetragen. Wie die Überschrift verrät, zählte diese Augsburger Arbeit zu dieser Zeit bereits zu den Altertümern der Schatzkammer. Die sehr dünn geschliffenen und glatt polierten Platten, die Wandungen und Deckel des Kästchens schmücken, bestehen aus jener typischen Achatart, wie sie im Raum Idar-Oberstein gefunden und auch verarbeitet wurde. Die Maße der rechteckigen Täfelchen aus transparentem und sehr schön gemasertem Moosachat dürften Entwurf und Ausführung der Kassette durch den Augsburger Goldschmied Hans Jakob Mair bestimmt haben. Vielleicht wurden sie aber nach seinen exakten Angaben eigens zur Dekoration dieses Behältnisses aus vergoldetem Silber bestellt. Ins Auge fallen die Applikationen sehr farbenfroh emaillierter Blüten, die mit den Edelsteinbesätzen vortrefflich harmonieren und der Kassette ein besonders elegantes Erscheinungsbild verleihen. Den Deckel ziert ein kleiner Vogel, dessen Flügel vermutlich schon kurz nach 1733 verloren gegangen sind.