Der Spielmarkenkasten aus Moosachat war ein gleichermaßen originelles wie wertvolles Geschenk Kaiser Josephs I. (reg. 1705-1711) an seine Tochter Maria Josepha, die 1719 den sächsischen Kurprinzen heiratete. Vier Jahre nach der Eheschließung verehrte sie den Kasten ihrem Schwiegervater, August dem Starken.
Das "extra kostbare Kästgen", das sich durch die technisch perfekte Ausführung und den großzügigen Edelsteinbesatz auszeichnet, dürfte in der Werkstatt eines unmittelbar für den Wiener Hof tätigen Juweliers entstanden sein. Der ostasiatische Einfluss ist in fast jedem Detail spürbar, so etwa in der Landschaft mit "indianische(m) Hauß" auf dem Deckel des Kästchens, den Henkeln mit dem "sizenden Abgott" oder den skurrilen, aus Barockperlen gebildeten Drachenfüßen. Der frei hängende Zierrat an den Kanten, der in miniaturhafter Ausführung ein Brettspiel, Spielkarten und Würfel zeigt, deutet an, was sich im Inneren des Behältnisses befindet: zwei Kästchen mit jeweils 93 silbernen und silbervergoldeten Spielmarken in sieben Varianten, zwei durchbrochene Spielmarkenteller mit "gestochene(n) Japanische(n) Figuren", zwei handbemalte Kartenspiele zu jeweils 52 Blatt "so mit Indianischen und andern Figuren gemahlet" sowie eine Dose aus Heliotrop für drei Elfenbeinwürfel mit "Rubinaugen". Der freie und äußerst phantasievolle Umgang mit dem ostasiatischen Motivschatz macht den reich ausgestatteten Kasten zu einem besonders interessanten Zeugnis früher Chinoiserie.