Der Pirol ist unter verschiedenen Namen bekannt; so wird er auch als Pfingstvogel oder als Golddrossel bezeichnet. Im Volksmund heißt er gelegentlich »Vogel Bülow«, da er als Wappentier der Adelsfamilie von Bülow verwendet wurde. Kaendler aber nennt den Pirol in seinem Arbeitsbericht vom Juli 1733 eine »Bier Eule«, was sicher mit seinem sächsischen Dialekt und der phonetischen Schreibweise zusammenhängt: »Einen Vogel von Mittel Mäßiger Größe, eine Bier Eule genannt auf einem Postament sitzend« (Pietsch 2002, S. 20). Im März 1734 hat er dann noch einmal einen Pirol modelliert. Sicher ist, dass er den Vogel nach einem ausgestopften Exemplar aus der Animaliengalerie in der Kunstkammer und nicht nach dem Leben modelliert hat, denn der Vogel hält sich meist in den Kronen hoher Bäume auf, wo er auch sein Nest baut und so kaum sichtbar ist. Wie alle anderen Kleinvögel setzte Kaendler auch den Pirol auf einen Baumstamm, dessen oberes Ende bis an die Brust reicht, so dass dieser als Figurenstütze dient, während sich der Vogel mit seinen Krallen an den seitlichen Ästen festhält. Er wendet seinen Kopf rückwärts und beobachtet aufmerksam seine Umgebung. Die flächenhaft aufgetragene Schmelzfarbe in Schwarz auf den Flügeln und Gelb auf dem Körper sowie Rot am Schnabel zeigt keinerlei Differenzierung. Sie verdeckt damit die feine, wie graviert wirkende plastische Struktur der Federn auf den Flügeln und nimmt dem Vogel trotz aller Farbenpracht etwas von seiner Lebendigkeit.