Das Motiv einer Henne mit Küken ist als Metapher für die mütterliche Fürsorge bildkünstlerisch häufig dargestellt und druckgraphisch weit verbreitet worden. Es findet sich auf mehreren Gemälden der Dresdner Galerie ebenso wie auf einem Kupferstich eines unbekannten deutschen Stechers des 17. Jahrhunderts nach Wenzel Hollar, von dem das Kupferstich-Kabinett Dresden einen Abzug besitzt (lnv. Nr. A 8739). Welche der zahlreichen Vorlagen Kaendler als Anregung für sein Porzellanmodell gedient hat, ist kaum zu entscheiden. Die Darstellung zeigt einmal mehr sein großes Talent zur naturnahen und lebendig wirkenden Wiedergabe von Tieren. Die am Boden liegende Henne wendet ihren hoch gereckten Kopf zurück, um mit wachem Blick nach möglichen Gefahren für ihre Brut Ausschau zu halten, die sie teils unter die Fittiche ihrer abgespreizten Flügel genommen hat, oder die auf ihrem Rücken herum klettern. Der gefächerte Schwanz mit einzeln gespreizten Federn und die aufgeplusterte Kopfhaube wie auch der leicht geöffnete Schnabel verleihen der Plastik den Ausdruck einer spontanen unmittelbaren Momentaufnahme. Wie der Hahn wird auch die Henne im Rapport des Manufakturinspektors Johann David Reinhardt vom August 1732 als ein Werk Kaendlers genannt: »Der Modellmeister Kaendler zu einigen Modellen poußiret und gefertiget: ... Eine Gluckhenne mit Jungen« (Pietsch 2002, S. 16). Die Inventare der Königlichen Sammlung im Japanischen Palais von 1770 und 1779 nennen unter »N=165.w« »vier Stück detto [weiß und graue] Kluckhühner mit Jungen«.