Seit etwa 1720 begannen Porzellanmalerwerkstätten in China, Exportporzellan für Europa mit christlichen und antik-mythologischen Szenen zu bemalen. Als Vorlagen kamen entsprechende Abbildungen aus Europa, darunter nicht wenige Kupferstiche. Beim Kopieren stellten sich Probleme ein: Die Herstellung einer schwarzen Aufglasurfarbe für lineare Zeichnung gelang zwar nach 1722, doch das Verständnis für die zu kopierenden Sujets blieb den chinesischen Porzellanmalern wohl in der Regel verschlossen, da sie mit den Auftraggebern keinen Kontakt haben konnten. Die Bemalung des abgebildeten Tellers läßt deutlich auf (bisher nicht ermittelte) Kupferstich-Vorlagen schließen, welche der oder die Maler treulich zu kopieren trachteten. Doch der Ruhm des sprichwörtlich athletischen antiken tugendhelden Herkules (griechisch Herakles) war nicht bis zu ihm - oder ihnen - gedrungen und so wirken seine Körperformen fast weiblich. Insofern ist es schon wieder konsequent, dass die Keule des Heroen als Falte in seinem Gewand aufgeht. Der Weg, auf dem Herkules zwischen den Personifikationen von Tugend und Laster innehält, sieht eher wie ein Bach aus - hier hat sich der Maler vermutlich in ein anderes Thema mit drei Figuren verirrt, die Taufe Christi im Jordan. Die Umrahmung des Bildes ist in den Formen des spätbarocken "Laub und Bandelwerkes" gehalten, dessen in Süddeutschland geprägter Name auf die wesentlichen Bestandteile hinweist. Die rot-goldene "Speerspitzenkante", die auch an Kronreifen erinnert, ist auf chinesichem Exportporzellan der Jahre 1740 und 1770 häufig anzutreffen.
(Porzellansammlung Dresden, Führer durch die ständige Ausstellung.1998, S 73.)