Zur Nachrichtenübermittlung zwischen einzelnen Aborigines-Gruppen wurden oft Botenstäbe eingesetzt. Sie waren gewöhnlicherweise nicht besonders kunstvoll gefertigt, da sie meist nur einmalig verwendet wurden. Die auf den Botenstäben am häufigsten vorkommenden Zeichen sind Kerben, die entweder am Rande oder auf der Oberfläche des Stabes eingegraben wurden. Meist waren die Sender der Boten mit Botenstäben Oberhäupter lokaler Gruppen, welche benachbarte Aborigines zu Festen und Zusammenkünften, z.B. zu Treibjagden auf Emus und Wallabys, Initiationsriten oder Cooroborees (Tanzfeste) einladen wollten. Es konnten auch Botenstäbe zwischen Einzelpersonen versendet werden, um die Herstellung spezieller Ausrüstungsgegenstände, Waffen etc. zu erbitten oder Tauschgeschäfte anzubahnen. Manche Botenstäbe enthielten Informationen über Krankheits- und Todesfälle. Sie konnten auch Warnungen vor dem Einzug feindlicher Gruppen oder Kampfansagen zur Behebung von Zwistigkeiten übermitteln. In jedem Botenstab steckte gleichzeitig die Beglaubigung des Boten und des Wahrheitsgehaltes seiner Botschaft. In vielen Fällen dienten die Zeichen auf dem Botenstab dem Boten als Gedächtnisstütze. Zu dem Botenstab des Völkerkundemuseums Herrnhut sind leider keine Überlieferungen bekannt. Da die Herkunft des Objektes jedoch der Gegend um die Missionsstation Aurukun (Nordqueensland) zugeschrieben wurde, vermutet C.Erckenbrecht eine Verbindung zu einem Vorkommnis aus dem Jahr 1911: Weihnachtsfeiern der Missionsstationen waren unter den Aborigines sehr beliebt. Zu diesem Fest trafen oft größere Gruppen Aborigines auf der Missionsstation ein. Da sie aber keinen Kalender besaßen, kamen einige Gruppen 1911 zu früh zum Fest, und gingen wieder, da nichts geschah. Missionar Richter ließ ihnen einen Boten nachschicken mit der Botschaft, in sieben Tagen wiederzukommen, dann sei Weihnachten. Dem Boten gab er einen Botenstab mit sieben Kerben, einen für jeden verbleibenden Tag mit. (VMH, JF 2020)