Die Schattenspielfigur stammt aus einem Set von 185 wayang purwa-Figuren, mit dem Episoden aus den großen indischen Epen Mahabharata und Ramayana in javanischer Bearbeitung zur Aufführung gelangten. In ihnen wird der ewige Kampf der guten gegen die bösen Mächte des Universums nachvollzogen, aus dem am Ende das Gute zwar siegreich hervorgeht, das Böse aber nie vollständig besiegt wird, was den Kreislauf des Lebens aufrecht erhält. Die Protagonisten sind Götter, Helden, Dämonen und ihre jeweiligen Helfer, alle ikonographisch genau festgelegt und somit für den kundigen Zuschauer identifizierbar. Gesichtszüge, Hautfarbe und Körperhaltung haben symbolische Bedeutung, Kleidung und Schmuck spiegeln den sozialen Status wider. Ungewöhnlich und selten ist die Aufnahme von „fremden“, im Sinne von nicht der javanischen Tradition entsprechenden Motiven in einen wayang purwa-Satz des 19. Jahrhunderts. Das ist jedoch bei dieser Schattenspielfigur, die im Gesamtensemble wie ein Fremdkörper wirkt, offensichtlich der Fall. Physiognomie, Kleidung und Ausrüstung deuten auf die Darstellung eines Europäers – vermutlich eines Angehörigen der niederländisch-ostindischen Kolonialarmee – hin, dessen thematische Einbindung mangels überlieferter Aufzeichnungen unklar bleibt. Nach Händlerinformationen soll es sich jedoch um den "Diener Sentono" handeln. Der Schattenspielsatz wurde 1899 dem Museum von Arthur Baessler geschenkt, der diesen bei dem Händler R. Wagner (Berlin) erworben hatte.
(MVD, Petra Martin)