Der Kopf der Herme fußt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Kopf einer etwas überlebensgroßen Bronzestatue des athenischen Tragödiendichters Euripides (gest. 406 v. Chr.), die in den 30er Jahren des 4. Jh. v. Chr. im Dionysostheater in Athen zur Aufstellung gelangt ist. Zusammen mit Statuen der beiden anderen großen Tragiker Sophokles und Aischylos, die ebenfalls zu der Zeit errichtet worden sind, als der Redner und Staatsmann Lykurg die Finanzverwaltung Athens bestimmte, erinnerte die Statue des Euripides an die großen Leistungen athenischer Dichter des 5. Jh. v. Chr. und damit an die kulturelle Blüte jener Zeit. Ob es sich bei den drei Statuen im Dionysostheater um Fantasieporträts handelte oder ob sich ihre namentlich nicht bekannten Schöpfer jeweils an früher entstandenen Porträts der drei Dichter orientiert haben, ist nicht bekannt. Da man sich in der Römischen Kaiserzeit in erster Linie für die Köpfe der Dichter interessiert hat, überwiegen unter den Kopien diejenigen, deren Bildhauer sich ebenso wie derjenige der Dresdner Herme auf die Wiedergabe eines Teiles der jeweiligen Statue beschränkt haben. Im Fall des Euripides-Porträts konnte bis heute keine einzige Kopie der ganzen Figur nachgewiesen werden; das Aussehen ihres Körpers ist daher noch immer unbekannt.