Bei der Dresdner Statuette handelt es sich um eine der qualitativ besten kleinformatigen Skulpturen eines Gerüsteten, die aus der Römischen Kaiserzeit bekannt sind. Dargestellt war wahrscheinlich der Dioskur Kastor (Castor), der Bruder des Polydeukes (Pollux). Neben dem Baumstammstumpf, der als Stabilisierung des Standbeins fungiert, hat der Bildhauer das Vorderteil eines Pferdes wiedergegeben und damit auf Kastors meisterhafte Beherrschung der Kunst des Rossebändigens hingewiesen. Da Kastor, der Sterbliche, in der antiken Skulptur fast nie ohne seinen unsterblichen Bruder dargestellt worden ist, wird man auch bei der Dresdner Statuette erwarten dürfen, dass sie ursprünglich zusammen mit einem Pendant gearbeitet und aufgestellt war. Der eher ungewöhnliche Umstand, dass eine Person in voller Rüstung ihre Lanze mit dem hoch erhobenen linken Arm präsentiert, wäre dann darauf zurückzuführen, dass Kastor seinem Bruder in gespiegelter Form entsprechen sollte. Dass der Bildhauer zudem Polydeukes’ Vorliebe für den Boxkampf in irgendeiner Weise zum Ausdruck gebracht hat, ist nicht gerade wahrscheinlich. Auch Polydeukes wird vielmehr eine Lanze und ein Schwert gehalten haben und, um die Komposition möglichst geschlossen erscheinen zu lassen, wird sich ebenso neben dem Standbein des Polydeukes das Vorderteil eines Pferdes befunden haben.