Antonio Corradini war einer der produktivsten venezianischen Bildhauer der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und arbeitete für die wichtigsten Fürstenhöfe Europas. Besonders eng waren seine Beziehungen zum Dresdner Hof, an den er zwischen 1719 und 1723 neun monumentale Skulpturengruppen und drei ornamentale Vasen lieferte, die zunächst vor dem Holländischen Palais und danach im Großen Garten Aufstellung fanden. Corradini pflegte einen eleganten, beinahe malerischen Stil, der sich vom Barock eines Gian Lorenzo Bernini weg und hin zu einer bereits leichteren, klassizistisch gefärbten Richtung bewegte. Seine Marmorarbeiten zeichnen sich durch eine bemerkenswert virtuose Technik aus, was sich besonders in seinen berühmten verschleierten Frauen manifestiert. Die erste, heute verschollene "Donna Velata", schuf Corradini 1717. Wie man aus zeitgenössischen Quellen weiß, riss diese Statue mit ihrem Gesicht, das sich unter einem dünnen Schleier verbarg, ganz Venedig zu Begeisterungsstürmen hin. Schon bei dieser ersten Formulierung seiner »Spezialität«
war es offenbar nicht ganz klar, um welches Thema es sich eigentlich handeln sollte, und es wird deutlich, dass das Sujet im Grunde unwichtig war, da es vor allem um die Zurschaustellung von Corradinis bravouröser Handhabung des Meißels ging. Auch bei der überlebensgroßen Dresdner Büste steht die illusionistische Wirkung im Vordergrund, und die Gestaltung von menschlichen Formen unter dünnem Tuch scheint zum Selbstzweck zu werden.