Jean Paul Laurens (1838–1921) gilt als der letzte große Vertreter der französischen Historienmalerei am Ende des 19. Jahrhunderts. Mit Rodin, zu dessen Freundeskreis er zählte, verband ihn – trotz grundlegend unterschiedlicher künstlerischer Auffassungen – eine große gegenseitige Hochachtung. Rodin verdankte unter anderem Laurens’ Empfehlung den Auftrag für das Denkmal der „Bürger von Calais“. Die Büste des Freundes steht am Anfang einer Reihe von Porträts, die Rodin in den 1880er Jahren schuf und die bald zu seinen populärsten Werken gehörten, darunter auch die Büste des Bildhauers Jules Dalou, die für die Hamburger Kunsthalle angekauft wurde.
Das Porträt Laurens’ wurde nach der ersten Präsentation in der Pariser Salonausstellung als „Wunderwerk des Modellierens“ bezeichnet. Die asymmetrische Anlage der Büste mit der unruhigen Oberfläche, die Bewegung, die sich in ihr vermittelt und der ins Unbestimmte gerichtete Blick des Dargestellten sprechen von Dynamik und physischer Präsenz. Umso wichtiger war es Georg Treu als Direktor der Skulpturensammlung, die Büste für Dresden erwerben zu können. Er nannte sie ein „Meisterwerk“, das er stolz dem Dresdner Publikum präsentieren wollte.
In dem Bildnis offenbart sich Rodins Können, das Wesen und den Charakter des Dargestellten zu erfassen. Rainer Maria Rilke urteilte über das Werk, dass es so „stark im Ausdruck, so bewegt und wach“ sei, „dass man das Gefühl nicht verliert, die Natur selbst habe dieses Werk aus den Händen des Bildhauers genommen.“ (Autor: Astrid Nielsen, 2018)

1900 auf der Weltausstellung in Paris erworben