Erste kleinplastische Arbeiten im Werk Ernst Ludwig Kirchners sind in seiner Dresdner Zeit ab 1909 nachweisbar. Damals entstanden zunächst kleinformatige Tonreliefs und Tonfiguren. Die Phase seiner Holzskulpturen begann ab 1910; in den Arbeiten äußerte sich das besondere Interesse an der außereuropäischen Kunst, die der Künstler zunächst im Dresdner Völkerkundemuseum und später in Berlin in meisterhaften Werken betrachten konnte – kurz darauf publizierte Carl Einstein 1915 mit seinem Buch „Negerplastik“ eine erste kunsthistorische Auseinandersetzung mit der Kunst Afrikas. Auf Kirchners „Liegende“ haben jedoch weniger die statischen Formen der afrikanischen Skulptur eingewirkt, als vielmehr die über 2000 Jahre alten indischen Ajanta-Malereien, deren geschwungene Körperformen er in die Plastik übernahm. Sie zeichnet sich durch eine starke Drehung aus und wird dadurch zu einer „figura serpentinata“, einer stark gewundenen oder geschraubten Figur, wie sie typisch war in der Kunst der Spätrenaissance, des Manierismus und auch schon in der antiken Bildhauerei zu finden ist. Aus diesem Grund wurde als mögliche Inspiration Kirchners auch die „Tanzende Mänade“ aus der Dresdner Antikensammlung genannt, die 1902 erworben worden war und die Kirchner im Albertinum hat sehen können (Heiner Protzmann). Auch wenn es diese Beziehungen zur antiken Kunst möglicherweise gibt, ist seine „Liegende“ ein Meisterwerk der expressionistischen Skulptur. (Autor: Astrid Nielsen, 2018)

Aus dem Nachlass des Künstlers; seit 1954 in Privatbesitz. 1994 erworben bei Christie’s, London, durch Mittel der Kulturstiftung der Länder, des Bundesinnenministeriums, des Freistaates Sachsen, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie mit Unterstützung des Ernst von Siemens Kunstfonds