"Da dieses Objekt, das sich auf die Bamenda in der anglophonen Region Kameruns zurückführen lässt, beschädigt ist, lässt sich nur schwer sagen, worum es sich ursprünglich handelte. Vielleicht war eine Tabakspfeife oder eine religiöse Skulptur. In seiner jetzigen Form wurde das Motiv als ‚Vorfahre des Landes‘ identifiziert, auf Isu ùzi᷅n-vēn – ‚Vorfahre des Busches/Landes‘, wobei ù-zi᷅n etymologisch ‚Vorfahre/Gott‘ und ve᷄n ‚Busch‘ bedeutet. In den meisten Kulturen dieser Region wurden solche Motive im Allgemeinen nach den jeweiligen Wünschen, Bedürfnissen, Gefühlen oder Ritualen ihres Besitzers geschnitzt. Menschen späterer Generationen, die das gleiche Motiv wahrscheinlich aus denselben Gründen schnitzen, widmen es dem Vorfahren, der es zuerst hergestellt und besessen hat, beispielsweise in der Kultur der Ejagham.
Die hier gezeigte Skulptur soll es in zwei Geschlechtern geben: weiblich und männlich. Die weibliche Ahnin wird in Fruchtbarkeitsfragen, der männliche Ahne für Prophezeiungen angerufen. Bei der hier gezeigten Skulptur handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen männlichen Ahnen, da in den Kulturen dieser Region, z. B. bei den Ejagham, Skulpturen und Masken, die männliche Persönlichkeiten darstellen, überwiegend in dunklen Farben bemalt sind, was darin begründet liegt, dass Männer ihre Gesichter dunkel anmalen, wenn sie in den Krieg ziehen."
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"The broken nature of this object, which is traceable to the Bamenda in the Anglophone region of Cameron, makes it difficult to tell what it originally was. It might have been a tobacco pipe of the religious sculpture. In its currents form, the image has been identified as an ‘ancestor of the land’, identified in Isu as ùzi᷅n-vēn ‘ancestor of the bush/land’, where ù-zi᷅n means ‘ancestor/god’ and ve᷄n means ‘bush’, etymologically. Generally, in most cultures of this region, images are carved depending one’s desires, needs feelings or ritual of the owner. Subsequent people who carve the same image for probably the same reasons dedicate it to the ancestor who first made and possessed them’, e.g., in the Ejagham culture.
The sculpture on display here is said to be in two genders: female and male. While the female ancestor is consulted for fertility issues, the male ancestor is consulted for divination. The one displayed here is most probably a male ancestor, given that sculptures and masks depicting male personalities in cultures around this region, e.g., Ejagham, are predominantly painted in dark colors, which are motivated by the fact that men paint their faces dark colors when they go to war."
(Michael Angitso, 2022/23)
Das Objekt ist Teil einer umfangreichen vom Dresdener Kunstmäzen und Industriellen Ernst F. Gütschow (1869-1946) im November 1910 nach Dresden geschenkten Sammlung, bestehend aus insgesamt 174 Objekten, die lt. Übergabeliste alle von Alfred Mansfeld, Bezirk Ossidinge, gesammelt worden waren.
Mansfeld war ab 1904 in Ossidinge (Kamerun) als Bezirksleiter im Dienst der deutschen Kolonialmacht tätig. Es ist davon auszugehen, dass er zwischen 1904 und 1910 an diesen und einen weiteren Pfeifenkopf (Inv.Nr. 28158) gelangte, unter welchen genauen Umständen bleibt bisher ungeklärt.
(Lore Liebscher, 2022/23)
Provenienzkette:
Alfred Mansfeld, Graz/Ossidsinge (wohl 1904-10 gesammelt, bis ?); Ernst Gütschow, Dresden (? bis 1910); Museum für Völkerkunde Dresden (1910 bis 1923); Museum des Vereins für Naturkunde zu Reichenbach (1923 bis 1948); Museum Burg Mylau (1948 bis 1981); Museum für Völkerkunde Dresden (seit 1981)
(Oppermann, SES, 2023)