Das „Motorboot (79a)“ gehört zu der Werkgruppe, die Gerhard Richter 1965 nach Fotografien aus Zeitschriften und Magazinen angefertigt hat und die sich durch die scheinbare Banalität ihrer Motive auszeichnet. Ihre Darstellungen vermeiden den Eindruck einer gefühlsmäßigen Bindung des Künstlers an die Bildinhalte. In einem Interview von 1970 hat Richter diese distanzierte Haltung als Auswahlkriterium für seine Darstellungen benannt: „Es ist vielleicht eine negative Auswahl insofern, als ich alles zu vermeiden suchte, was bekannte Probleme oder überhaupt Probleme, malerische, soziale, ästhetische, berührte. Ich versuchte, nichts Greifbares zu finden, deshalb gab es so viele banale Sujets, wobei ich mich wiederum bemühte zu vermeiden, daß das Banale mein Problem und mein Zeichen wurde.“ Als Vorlage für das „Motorboot (79a)“ diente Richter ein Ausschnitt aus einer Illustriertenanzeige für einen Fotoapparat. Der Künstler projizierte das Motiv mit Hilfe des Episkops auf die Leinwand, zeichnete die Umrisse mit Kohle nach und trug die Ölfarbe flächig auf. Die Verwischung erscheint dabei mechanisch und gleichmäßig, sodass kein Detail als besonders wichtig hervorgehoben wird. Die malerische Unschärfe erzeugt hier vielmehr den Eindruck von Geschwindigkeit und Bewegung. Zu erkennen sind drei junge Frauen und ein Mann, die in einem Motorboot dem tristen Alltag zu entfliehen scheinen. Jugendlichkeit, Freizeit und Freiheit scheint das Bild dem Betrachter als neue Lebensideale in der Bundesrepublik der 1960er Jahre vermitteln zu wollen. Von dem Gemälde existiert eine zweite, im Motiv identische Fassung, die sich im Kunstmuseum Basel befindet. (Text: Dietmar Elger 2018)