Das Pferd erfüllt nahezu idealtypische Merkmale. Es ist nach antiker Art ›gesattelt‹, denn die Funktion des Reitsattels erfüllt eine an den Rändern gefranste Decke (Schabracke), die mit einem Gurt unter dem Bauch und einer Schlaufe um den Schwanzansatz festgezurrt ist. Die Gangart des Pferdes (mit erhobenem rechten Vorderlauf und leicht zur Seite geneigtem Kopf) führt zurück auf das berühmte antike Reiterstandbild des Marc Aurel (Rom, Kapitolinische Museen) bzw. auf dessen Rezeption in graphischen Reproduktionen und dreidimensionalen Variationen während der Renaissance und des Barock. Das reiterlose Pferd aus Elfenbein zeigt beispielhaft, dass seit Filaretes signiertem Marc Aurel von 1465 die kleinplastische Antikenrezeption als eine von der Bronze bestimmte Domäne spätestens ab der Mitte des 17. Jahrhunderts auch in der Elfenbeinskulptur Eingang fand, mehr oder weniger frei nachempfunden oder als Quelle der Inspiration genutzt wurde. Filaretes Bronzereduktion der Reiterstatuette des Marc Aurel war bereits seit 1587 in der Dresdner Kunstkammer (SKD, Skulpturensammlung, Inv.-Nr. ZV 3608). Das bronzene Reiterstandbild, das August den Starken als römischen Imperator in majestätischer Pose auf schreitendem Pferd in ganz gleicher Gangart zeigt, hatte Raymond LePlat in Auftrag gegeben, und es war das teuerste Werk im großen Kunstankauf in Paris von 1715. Diese beiden prominenten Bronzen müssen dem Hofbildhauer Permoser bekannt gewesen sein. Daraus seine Autorschaft für die elfenbeinerne Pferde-Statuette, die zur Sammlung des Grafen Heinrich von Brühl gehörte, abzuleiten, bleibt jedoch hypothetisch, obwohl des Künstlers Name im Inventar des Elfenbeinzimmers von 1819 genannt wird.