Die von einem unbekannten französischen Meister geschaffene Bronzestatuette wurde im Jahr 1699 von Raymond Leplat im Auftrag Augusts des Starken in Paris erworben. Die Gruppe illustriert eine Begebenheit aus der griechischen Mythologie. Europa, eine phönizische Königstochter, spielte mit ihren Gefährtinnen am Strand, als der mächtige Göttervater Zeus sie sah und sich in sie verliebte. In der Gestalt eines weißen Stieres näherte er sich dem Mädchen, das Gefallen an dem schönen Tier fand. Es umwand seine Hörner mit Blumen und kletterte alsbald auf seinen Rücken. Da stand der Stier auf, lief ins Meer und schwamm mit seiner Last auf dem Rücken auf und davon. Erst in Kreta setzte er das entführte Mädchen ab und gab sich als Zeus zu erkennen. Der Verbindung mit dem Gott entsprangen drei Kinder.
Wie bei zahlreichen anderen Darstellungen der bildenden Kunst trägt die damals äußerst populäre Entführungsszene auch bei der hier gezeigten Bronze keinerlei dramatische Züge – ganz im Gegenteil. Europa, deren vom Wind geblähtes Gewand der Gruppe ein wenig Dynamik verleiht, ist gerade im Begriff, den sehr zahm erscheinenden Stier mit einem Blumenkranz zu schmücken. Ursprünglich hielt Europa wohl weitere Blumen in ihrer rechten Hand, wie es bei einer anderen Ausformung dieses Modells der Fall ist.