Das Gemälde „Die Tarnung“ von 1936 lässt sich ganz direkt als Übertragung der biografischen Situation nach 1933 in eine Meeresszenerie lesen: Der in einer Muschel Schutz suchende Einsiedlerkrebs spielt auf den Unterschlupf des Künstlerpaares im fremden Haus an. Stellvertretend für den Maler begibt sich der Plattfisch in Deckung, statt der SS zieht ein Glattrochen mit spitzer Schnauze bedrohlich nahe seine Bahnen. Der zweite Feind hat sich bereits abgewendet, die Gefahr scheint gebannt.
Brockmann faszinierte die See, oft fuhr er von Berlin an die Ostseeküste und trug bei diesen Ausflügen eine kleine Sammlung mit Meeresobjekten zusammen; die Konstellation zwischen den Fischarten hat er mit Bedacht gewählt.
Statt aber eine naturkundliche Schautafel zu malen, schuf Brockmann eine surrealistisch anmutende Szenerie. Die matte, dumpfe Farbigkeit mit ihren zwischen blau, grün und beige changierenden Tönen erzeugt einen farblich homogenen Bildraum, die Stille einer anderen Welt, in die der Betrachter eintaucht. Aus den Farbfeldern im Hintergrund erhebt sich wie aus dem Nichts ein Streifen Meeresgrund. Die Figuren schweben, als ob sie in der Bewegung eingefroren sind, sorgfältig zueinander komponiert und dabei merkwürdig voneinander isoliert. So entrückt und verfremdet, kippt die Darstellung immer wieder zwischen verschiedenen Ebenen, ihre eigentümliche Ästhetik fasziniert genauso wie ihre biografischen Lesarten. Ob der Maler deshalb lächelt?
Text: Katharina Hoins, 2021