Für seine zahlreichen Darstellungen junger Pariser Tänzerinnen – oft scheinbar zufällige Momentaufnahmen in ungewöhnlichen Ausschnitten – bediente sich Degas meist des Pastells. Zur Intensivierung der Farben entwickelte er seine eigene Technik, bei welcher er immer neue Kreideschichten auftrug und sie in jeder Schicht mit einem speziellen Fixativ festigte. Im Ergebnis eines intensiven bildnerischen Arbeitsprozesses entstanden „Pastellgemälde“, die zum Vorbild für viele nachfolgende Künstler wurden.
Das nahezu quadratische Dresdner Bild entstand um 1898 in seiner späten Schaffensphase. Von leicht erhöhter Perspektive aufgenommen, überrascht es durch formatfüllende Nahsicht. Die zierlichen Mädchenkörper werden nahezu vollständig durch die weit gebauschten und die Bildränder schneidenden Tüllröcke verdeckt, deren samtig weich ineinander übergehende Rosa-Orange-Töne im vornehmen Kontrast zum graubraunen Tanzboden im Vordergrund stehen. Effektvolle violette Konturlinien binden die in kleinste Farbsegmente aufgelösten Pastellkreiden in die große Form. Die Verspannung der grazilen Gliedmaßen und der anmutig geneigten Köpfe in das Spiel von Fläche und Linie straffen und ordnen die ganz in der Fläche angelegte Komposition. Strukturelle Gliederung, Überschneidungen und lineare Strenge weisen auf eine intensive Auseinandersetzung des Künstlers mit dem japanischen Farbholzschnitt hin. (Autor: Heike Biedermann, 2018)

1919 erworben von Paul Cassirer, Berlin