Bernhard Kretzschmar hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg von seinem expressionistischen Frühwerk losgesagt und zu einer eigenen Form der Stadtlandschaft und Milieuschilderung gefunden. Das Architekturstück des Dresdner Künstlers ist vor allem ein erlesenes Zeugnis für Kretzschmars verfeinerte Malkultur. Die lebendigen Valeurs der Farbe Grau sind zwischen kontrastierenden Rot- und Grünabstufungen ausgelotet. Die moosbewachsene Sandsteinfassung der Grundmauern des Gasthofgebäudes, ein in gedämpftem Ziegelrot leuchtender Sandhaufen links der Treppe, die Wasserschäden an der gekalkten Wand und viele andere Details waren dem Künstler Anlass, seiner malerischen Meisterschaft freien Lauf zu lassen. Wohlkonstruiert steht die Architektur, die Wiedergabe der Fassaden im Zentrum. Die zur „Réunion“, zum Gesellschaftsball, Herankommenden sind unten aufgereiht in der für Kretzschmar typischen Manier, welche die Statik in der Figurenordnung betont. Zu den Flanierenden gehört, als ein skurril-ironisches Detail, in scheinbarer Selbstverständlichkeit ein Schwein. Entgegengerichtet ist den Passanten vor dem damals beliebten und heute noch erhaltenen Gasthof „Erbgericht“ an der Elbe in Niederpoyritz bei Dresden einzig das in Richtung Stadt abgestellte, schwarz glänzende Automobil. (Autor: Birgit Dalbajewa, 2018)

1926 erworben vom Künstler aus der Internationalen Kunstausstellung Dresden 1926