Das Mobiliar und der Durchblick in den Garten lassen vermuten, dass es sich um ein Zimmer eines typisch norddeutschen Bürgerhauses handelt. Kuehl griff auf ein für seine Kunst charakteristisches Kompositionsschema zurück, das an holländische Interieurs des 17. Jahrhunderts erinnert: ein Hochformat mit angeschnittenen Motiven, ein großflächiger Vordergrund, ein dunkler Innenraum und im Hintergrund der farbig effektvolle Ausblick ins Freie. Gerade die Verbindung von Innen- und Außenraum im Gegenlicht mit farbigem Lichtgeflimmer charakterisiert diesen Bildtypus. Durch die weit geöffnete Tür und das große, reich gegliederte Fenster dringt helles Sonnenlicht in das blaugraue Halbdunkel. Die pastos aufgetragenen komplementären Grün- und Rottöne des Gartens erfüllen den Raum mit vielfach gebrochenen Lichtreflexen, die auf dem Vitrinenschrank und dem grauen Steinfußboden liegen. In feinen Nuancen und mit lockerem Pinselduktus bestimmen sie das schlichte Raummotiv, in das sich eine am Tisch hantierende Frau einfügt, deren Antlitz im Wandspiegel zwischen Tür und Fenster wieder erscheint. Zur Gliederung der Fußbodenfläche und zur Verstärkung der Tiefenwirkung platzierte Kuehl zwei Milchschalen in der vorderen Bildhälfte. Eine durch die Gartentür spazierende Katze bringt eine erzählerische Note in die Szenerie. (Autor: Heike Biedermann, 2018)

1959 erworben aus dem Nachlass Richard Müller, Dresden