Kügelgen war seinerzeit ein anerkannter Bildnismaler. Er porträtierte Goethe und Schiller, Mitglieder des russischen Zarenhofes sowie der preußischen Königsfamilie. Als der Künstler 1805 nach Dresden kam und sich im Jahr darauf mit Caspar David Friedrich anfreundete, war er bereits hoch angesehen. In Dresden widmete sich Kügelgen vermehrt der Historienmalerei. Es entstanden Werke mit mythologischen und religiösen Themen, in welchen er wiederholt zwei Personen in starkem Kontrast zueinander setzte.
In einem seiner Hauptwerke stellte der Maler dem anmutig jugendlichen David den älteren, finster blickenden König Saul gegenüber. Kügelgen bezog sich auf eine biblische Szene: „Sooft nun ein Geist Gottes Saul überfiel, nahm David die Zither und spielte darauf. Dann fühlte sich Saul erleichtert, es ging ihm wieder gut und der böse Geist wich von ihm.“ (1. Samuel 16, 23) Nur wenige Momente später ergreift Saul den Speer, der noch an seiner rechten Schulter lehnt, und schleudert ihn in Richtung des musizierenden David, da ihm nach dem letzten großen Sieg gegen die Philister mehr Ruhm zuteil wurde als Saul.
Laut Kügelgens Sohn Wilhelm soll für das Porträt Sauls Caspar David Friedrich Modell gestanden haben. Das belegen eine Vorzeichnung und ein Bildnis Kügelgens aus dem Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die Friedrichs Konterfei wiedergeben. Der betrübte Gesichtsausdruck und die Schwermut des Königs erinnern dabei stark an die Melancholie, die Friedrich bereits von seinen Zeitgenossen attestiert wurde und die von vielen seiner Werke ausgeht. (Autor: Marian Reisinger, 2018)

1933 erworben aus Privatbesitz, Berlin, als Schenkung des Dresdner Museumsvereins