Zwischen wogenden Getreidefeldern schreitet ein Zug russischer Bäuerinnen mit sonnengegerbten Gesichtern und ausgeblichenen leuchtend weißen und rosa Kleidern. Die Sonne der südrussischen Steppen scheint hier ganz unmittelbar eingefangen, doch schuf der Maler das großzügig angelegte Bild nicht vor der Natur, sondern erst Jahre später auf der Grundlage intensiver Erinnerungen an seine Russlandreisen und des dabei entwickelten Skizzenmaterials. Das Gemälde entstand in einer Zeit, da Sterl, von schwerer Krankheit bereits gezeichnet, häufig nicht mehr so arbeiten konnte, wie erhofft. Die Freiheit, die sich der Maler, der seine Figuren zeitlebens in Zeichnungen sehr genau vorbereitete, in der Anlage der monumentalen Figuren mit groben Pinselzügen gestattet, lässt an jene seltenen Alterswerke denken, in denen dem Künstler keine Grenzen mehr gesetzt sind. Das Werk fand Beachtung als letzte thematische Arbeit, die Sterl auf der Staffelei in seinem Atelier hinterließ (Horst Zimmermann, 1993). Der Vermutung, dass das Gemälde unvollendet gelten muss, ist allerdings nur bedingt zuzustimmen. In der 1929 vom Künstler und dem ihm befreundeten Galeriedirektor Hans Posse mit äußerster Sorgfalt zusammengestellten Monografie ist dieses Gemälde unter dem Titel „Russische Frauen“ sowohl abgebildet als auch besprochen. (Autorin: Birgit Dalbajewa, 2021)