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Rote Dächer – Meißen

Zwintscher, Oskar (1870-1916) - Maler
Ort, Datierung
Material und Technik
Abmessungen
60 x 54 cm
Museum
Inventarnummer
Gal.-Nr. 2335 D
Am 16. Oktober 1929 schrieb der Dresdner Galeriedirektor Hans Posse an Oskar Zwintschers Witwe Adele, dass er kurz zuvor auf einer Meißner Ausstellung dessen Gemälde »Rote Dächer« gesehen habe, »das auf mich einen so starken Eindruck gemacht hat, dass ich es sehr gern für unsere moderne Galerie als Ergänzung unserer Zwintscher-Kollektion haben möchte.« (1) Mit dieser kleineren Erwerbung wuchs die damalige Bestandsgruppe zu dem Künstler in der Gemäldegalerie auf vier Werke. Seit der Gedächtnisausstellung von 1916 wurde das auf Holz gemalte Bild um 1905 datiert. Doch zeigt der Blick in Richtung Burgberg den dunklen Baukörper des Doms noch ohne Westtürme, die 1904 bis 1908 aufgesetzt wurden. Zwintscher könnte das detailrealistisch wirkende Motiv zwar auch später gemalt haben – doch der Eindruck ist jener seiner Meißner Jahre, bevor er den Ort 1903 verließ und nach Dresden zog. Das von einer kompakten Masse dicht gedrängter Ziegeldächer geprägte Stadtbild hatte er in verschiedenen Veduten festgehalten, darunter in zwei 1895/96 gemalten Panoramen sowie 1897 in einer auffallend stilisierten – und zum ersten Mal mit dem Monogramm OZ signierten – Zeichnung, (2) die in einem Ausschnitt kurz darauf als farbig lithografierte Postkarte weite Verbreitung fand. In allen Fällen befand sich der Standpunkt des Künstlers, im Gegensatz zu der vorliegenden Ansicht, auf einer Anhöhe. Das unvollendete Gemälde wurde, offenbar noch von Zwintscher selbst, entlang der unteren Kante beschnitten. So wirkt es durch die Reduktion auf ein Quadrat und den Fokus auf die Farbflächen der changierend roten Dächer unter dem leuchtend blauen, von Wolken durchzogenen Himmel zwar recht modern, war ursprünglich aber anders angelegt. Die ehemalige untere Hälfte der Holztafel, (3) wohl noch durch Zwintscher von der oberen getrennt, aber mittlerweile verschollen, zeigte eine Mutter-Kind- Gruppe in einem kompilierten Meißner Gässchen – der Maler verband darin, wie Martina Fischer herauszufinden half, u. a. die Ansicht der sogenannten Winkelkrug-Ecke mit der Eingangssituation eines seiner Meißner Wohnsitze, dem Burglehnhaus auf dem Burgberg. Die intime Darstellung einer sitzenden Mutter mit ihrem Kind ähnelt einem Bild von Heinrich Vogeler (1872–1942), den Zwintscher schon seit den späten 1890er Jahren gut kannte und auf dessen Anwesen in Worpswede er im Frühjahr 1902 mehrere Wochen weilte. Zu jener Zeit malte Vogeler das Bild »Erster Sommer« (Kunsthalle Bremen), welches seine Frau Martha und Tochter Marie Luise auf einer Bank unter einer Heckenrosenlaube darstellt. Beide Künstler schwelgten damals in durchaus verwandten, im Vergangenen verhafteten Lebens- und Bildwelten. Das mittelalterlich geprägte Meißen blieb Zwintscher auch nach seinem Wegzug in guter Erinnerung. In einer Postkarte an den Bruder Rudolf aus Bautzen schrieb er am 16. Juni 1909: »Teilweise sehr sehenswerte, idyllische u. romantische Ecken […]. Aber im Ganzen ist Meissen unmittelbarer wirkend. Albrechtsburg u. Elbe sind hier nicht durch ähnliches ersetzt.« (4)
(Andreas Dehmer: 2021)

1 Archiv SKD, 01/GG Vermehrung, Nr. 4, Bd. 17, Bl. 46. In einem Antwortschreiben vom 18. 10. 1929 empfahl Adele Zwintscher auch das mittlerweile verschollene Gemälde »Der Akademiker « (1908) als galeriewürdig. »Ich könnte mir denken, daß man es später bereuen würde, gerade dieses Bild nicht erworben zu haben«; ebd., Bl. 47. Dank gilt Lukas Mäder für die Archivrecherche.
2 Abgedruckt in der Zeitschrift »Pan«, 3. Jg. (1897), Heft 2, S. 108. Die Postkarte lief als Nr. 9 der »Künstler-Postkarten mit Bildern aus dem Sachsenlande Serie I u. II preisgekrönt in dem vom Kgl. Sächs. Ministerium des Innern veranlassten Wettbewerbe. Serie I (1–12)« und galt Zeitgenossen als überaus eigenwillig; vgl. Müller 2020, S. 83–85. Auf Gemälden verwendete Zwintscher sein Monogramm erst von 1899 an.
3 Dieser wichtige Zusammenhang war bislang nicht erkannt worden; frdl. Hinweis von Marlies Giebe im Zuge des Forschungsprojekts.
4 SLUB Dresden, Mscr. Dresd. App. 2479 a, Nr. 197, 20.

1929 erworben von Adele Zwintscher, der Witwe des Künstlers

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