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Weidenbäume bei Nacht

Zwintscher, Oskar (1870-1916) - Maler
Ort, Datierung
Material und Technik
Abmessungen
118 x 82 cm
Museum
Inventarnummer
Gal.-Nr. 2691

Zum 1. März 1898 veranstaltete die Kölner Schokoladen-Firma Stollwerck erstmals ein gut dotiertes Preisausschreiben zur künstlerischen Gestaltung von Sammelbildern – einem werbeträchtigen Medium, das eine außerordentlich hohe Verbreitung der darin reproduzierten Bildmotive mit sich brachte (Vorlagen entwarfen bei anderer Gelegenheit u. a. auch Otto Eckmann, Melchior Lechter, Max Liebermann, Max Slevogt und Heinrich Vogeler. Für Aufsehen sorgten 1904 »Naturfarbenphotographien « von Adolf Miethe). Eingeladen waren zu dem Wettbewerb explizit »deutsche und österr.-ungar. Künstler« (1). Oskar Zwintscher errang, neben Adolf Münzer aus München, einen ersten Preis mit einer sechsteiligen Serie zum Thema »Jahreszeiten «. In dem Sammelalbum für Stollwerck-Bilder Nr. 2, 1898, erschienen seine hochformatigen Landschaftsansichten aus Meißen und Umgebung als Gruppe Nr. 40. Unter diesen stimmungsvollen Darstellungen findet sich mit dem Titel »Spätherbst« das Bild weit ins Firmament ragender, laubloser Weidenbäume auf einer Anhöhe bei Sonnenuntergang. Eine Steinmauer begrenzt das erhobene Areal nach vorne; eine leicht aus der Bildmitte gerückte Treppe im Vordergrund führt den Hang hinauf. Sechs Jahre später signierte und datierte Oskar Zwintscher ein Gemälde mit einer fast identischen Baumgruppe vor einem nunmehr nächtlich dunklen Sternenhimmel (in der Stollwerck-Serie ist das Bild »Winter« ebenfalls ein Nachtstück). Die randscharfen Umrisse der Weidenstämme und -äste ähneln Scherenschnitten – einer Schattenkunst, die mit Philipp Otto Runge in der Romantik eine hohe Popularität erreicht hatte. Seine ersten nachweisbaren Nachtbilder hatte Zwintscher 1895 und 1897 unter den Titeln »Sehnsucht« (Stadtmuseum Meißen) und »Mondnacht« (Städtische Sammlungen Freital) entwickelt. Sie sind allerdings weitaus erzählerischer angelegt. In den effektvoll inszenierten »Weidenbäumen bei Nacht« erscheint keinerlei narratives Element – die Naturkulisse in ihrer düsteren Erhabenheit und mystifizierenden Symbolkraft steht allein im Mittelpunkt des Bildes. Motivische Einflüsse von Werken älterer Künstler wie Arnold Böcklin und Franz von Stuck (2), die Zwintscher bei Aufenthalten in München rezipiert haben konnte, liegen nahe – auch in ihrer Auffassung als Sinnbilder für Tod und Vergänglichkeit, das Unbekannte und die »andere Seite«. Mit dem Wissen, dass Zwintscher die Motive seiner Serie in und um Meißen gefunden hatte, lassen sich als möglicher Ort der Inspiration für diese Ansicht Schloss Siebeneichen und sein Park vermuten, in dem Zwintscher um 1898 auch gezeichnet hatte (3). Das links der Elbe nahe Meißen gelegene Anwesen war um 1800 ein Aufenthaltsort bedeutender Künstler und Literaten, darunter auch Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, der zwischen 1797 und 1799 wiederholt dort weilte. In eben jenen Jahren verfasste dieser unter dem Pseudonym Novalis seine wirkungsmächtigen »Hymnen an die Nacht« (1800).
(Andreas Dehmer: 2021)

1 Beiblatt der Fliegenden Blätter 108 (1898), Nr. 2740, S. 84.
2 Vgl. Majerczyk 2019, S. 76–80.
3 Frdl. Hinweis von Martina Fischer, Meißen, Mai 2020. Vgl. AK Dresden 1916, S. 43, Nr. 207.
Signatur, Bezeichnung, Inschriften
Bezeichnet rechts unten: O. Zwintscher 1904

1948 aus der Sammlung Rudolf Weigang, Dresden, über die Kommunale Wohnungsverwaltung der Stadt Dresden an die Staatlichen Kunstsammlungen überwiesen;
2014 restituiert und von der Erbengemeinschaft nach R. Weigang erworben.

Reproduktion
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