Das 19. Jahrhundert gilt als das Jahrhundert der Denkmäler, mit denen nun nicht mehr allein der Adel und Mitglieder der herrschenden Königshäuser geehrt wurden, sondern auch die für ihre Leistungen und Errungenschaften bedeutenden Vertreter des Bürgertums. Im Alter von 23 Jahren schuf Ernst Rietschel sein erstes Denkmal für den gerade verstorbenen König Friedrich August den Gerechten von Sachsen – der Entwurf für ein Lessing-Standbild war sein dritter großer Denkmalsauftrag, der ihm im April 1847 von dem Komitee in Braunschweig erteilt wurde. Er fertigte zunächst kleinformatige Skizzen, von denen zwei bereits die spätere Statue im Standmotiv, in der Arm- und Kopfhaltung festlegten. Rietschel zeigte Lessing zudem in zeitgenössischer Kleidung, die den wirklichkeitsnahen Ausdruck des Dichters unterstreicht. Mit erhobenem Haupt, den Blick in die Ferne gerichtet, wird Lessing als selbstsicherer, souveräner Gelehrter charakterisiert, als geistreiche und energische Persönlichkeit. Programmatisch verzichtet Rietschel in der Gestaltung des Standbildes auf eine konventionelle Rhetorik, die Papierrolle in der linken Hand des Dichters ist der einzige Hinweis auf die schriftstellerische Tätigkeit des Dargestellten. „…so einfach wahr, und doch so unerreichbar schön habe ich noch kein Standbild gesehen“, schrieb der Literaturhistoriker Carl Schiller voller Begeisterung, als das Denkmal 1853 in Braunschweig, dem Sterbeort Lessings, enthüllt wurde. (Autor: Astrid Nielsen, 2018)

Mit den Beständen des Rietschel-Museums 1889 in die Skulpturensammlung gekommen