Leuchtendes Blau spiegelt sich in den großen Augen des Mädchens. Nur das helle lange Oval des Gesichts und die Hände unterbrechen das dichte Blau-Grün von Wasser, Himmel und Kleid. Aus Porträtsitzungen mit Gitta, Tochter des Kokoschka verbundenen Kunsthändlers Victor Wallerstein, im Atelier der Dresdner Akademie auf der Brühlschen Terrasse ist ein Bildnis in der Landschaft hervorgegangen, womöglich geht die topografische Situation von den weiten Elbwiesen aus. Die Wahl des klassischen Bruststückes verleiht dem Bildnis eine Note jenes Ernstes, mit dem der Künstler das kindliche Modell begriff. Der die Zähne freilassende, leicht geöffnete Mund ist ein liebenswertes Detail, das für Kokoschkas auf das „innere Erlebnis“ zielende Bildnisauffassung typisch ist. „Er sah immer oder suchte das Gewesene, das Kindhafte in dem anderen […]. Er wartete geduldig, bis er mich erhaschte, oder was er von mir brauchte, im rechten Licht erhaschte“, erinnerte sich die Dargestellte 1968. Mit 16 Jahren wurde die Tänzerin Gitta Wallerstein, später verheiratete Perl, 1926 Mitglied der Solistengruppe der Berliner Staatsoper. 1933 trat sie in Zürich dem Tanzkabarett von Trudi Schoop bei. 1939 emigrierte sie in die USA und unterrichtete in Los Angeles. Sie starb 2008 in New York.
Parallel zum Ankauf dieses Porträts kamen, gleichfalls aus der Sammlung Willy Hahn, achtzig Meisterzeichnungen und Aquarelle Kokoschkas als großzügige Schenkung vom Sohn des Sammlers in das Kupferstich-Kabinett nach Dresden. (Autor: Birgit Dalbajewa, 2018)

1921–1953 Sammlung Victor Wallerstein (ab 1944 die Erben), 1953 Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, 1953–2014 Sammlung Willy Hahn. 2014 erworben aus der Sammlung W. Hahn mit Hilfe des Freistaates Sachsen, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Kulturstiftung der Länder