Hans Posse schätzte das OEuvre des Künstlers hoch ein, als er 1928 schrieb: „Julius Scholtz ist nach Rayski die bedeutendste Erscheinung des malerischen Realismus in Dresden.“ Wichtige Anregungen hatte Scholtz von der belgischen und französischen Kunst seiner Zeit erlangt und avancierte in Dresden zu einem gefragten Porträtmaler. Das Doppelbildnis „Großmutter und Enkelin“ schuf er im Auftrag der Familie von Kap-herr als erstes Werk einer Serie von sieben lebensgroßen Bildnissen. Ohne Zweifel stellt das Porträt der Charlotte Dorothea von Kap-herr mit ihrer vierjährigen Enkelin Lotti sowohl innerhalb der Serie als auch im Gesamtwerk des Malers einen Höhepunkt dar.
Durch den Kontrast großer gelber und schwarzer Farbflächen, den Wechsel von fein modellierten Formen und fließenden Übergängen sowie durch kräftige Konturen und durch die komplementären Farbakzente entsteht ein ausgewogener und zugleich spannungsvoller Bildaufbau. Pointiert gesetzte Lichter verleihen den Farben strahlende Leuchtkraft. Scholtz knüpft an die besten Traditionen des Biedermeier an und erreicht trotz zuweilen genrehafter Fabulierlust mit seinem sicheren Gespür für die große Form und die Beschränkung auf wenige Farben eine bemerkenswerte malerische Qualität. Die Berufung an die Dresdner Kunstakademie als Professor im Gips- und Zeichensaal (1874) stand allerdings seinem malerischen Talent entgegen. Erst in seinen letzten Lebensjahren entwickelte er unter dem Eindruck der Freilichtmalerei einen lockeren, farbig aufgehellten und dem Impressionismus nahestehenden Malstil. (Autor: Heike Biedermann, 2018)

Nach 1945 zu den Dresdner Sammlungen; 1997 restituiert. 2014 erworben aus dem Eigentum der Erbengemeinschaft nach Richard Freiherr von Kapherr, Lockwitz