Ein vermähltes Paar im spätgotischen Gewand schreitet anmutig der Hochzeitsgesellschaft voran, Kinder eilen vergnügt und Blüten streuend voraus, ein kleiner Hund läuft freudig nebenher. Ludwig Richters „Brautzug im Frühling“ ist ein Sinnbild friedlichen, tiefen Glücks mit bühnengleicher Lichtführung und märchenhaften Details: Aus dem schützenden Dunkel des Waldes tritt die Gesellschaft zwischen zwei alten, stark verwurzelten Bäumen ins Helle eines sonnigen Frühlingstages, hinunter zu einem kleinen Bachlauf mit Steg. Rehe am Waldrand leiten den Blick zu Gehöften und einer mittelalterlichen Burg in weiter Landschaft. Richter idealisiert das einfache Landleben – ein Hirte grüßt begeistert das Hochzeitspaar, ein anderer spielt auf einer Flöte. 1847, als bereits Dampfschiffe und Eisenbahnen fahren, Weberaufstände aufflammen, malt Richter diese überzeitliche, erzählerische Fantasie. Die Brautszene aus Richard Wagners Oper „Tannhäuser“, deren Uraufführung er in Dresden sieht, inspiriert ihn ebenso wie seine Tätigkeit als Illustrator. Eine leicht veränderte Komposition des Gemäldes erscheint als Holzstich für das illustrierte Buch „Fürs Haus. Der Frühling“ (1859). Richter beschäftigt sich mit der Frage, ob historische Themen, Gedichte oder Musik in Landschaftsbildern zu fassen seien. Seine Antwort ist der „Brautzug“, der als landschaftliches Idyll zugleich auch ein Historienbild ist. Als Höhepunkt seines Schaffens wird er noch vor seiner Präsentation auf der Dresdner Akademieausstellung von der Lindenau-Stiftung für die Gemäldegalerie angekauft. (Autor: Katrin Kruppa, 2018)

1847 erworben aus Mitteln der Lindenau-Stiftung