Vorschaubild des Elementes mit der Inventarnummer F 3267
Lange bevor sich die Provenienzforschung für Rückseiten von Gemälden zu interessieren begann, schuf der Konzeptkünstler Timm Ulrichs, der sich selbst als „Totalkünstler“ bezeichnet, 1968 das „bildrückseitenbild“. Jedes der 50 Exemplare dieses Bild-Objektes, die der Stolpeverlag in Berlin verlegte, ist ein Unikat, da immer die individuelle Rückseite mit der jeweiligen Nummerierung und Künstlersignatur fotomechanisch nach vorn übertragen wurde. Bei jedem Objekt bildet daher die Vorderseite die eigene ursprüngliche Rückseite fotografisch ab. Das Abbild, die Reproduktion wird somit zum Original erhoben.
In seinen Werken beschäftigt sich Ulrich mit Wortspielen, Redewendungen, Tautologien und Paradoxa. Er befragt, reflektiert und hinterfragt Identitäten – die des Künstlers, des Betrachters, oder, wie im „bildrückseitenbild“, jene des Kunstwerkes. Mit künstlerischen Mitteln forschend untersucht Ulrichs die Wahrnehmung. Er lädt zu einem philosophischen Gedankenexperiment ein und provoziert Fragen, die nicht eindeutig geklärt werden: Welche Seite ist die Vorder-, welche die Rückseite? Hat das Bild überhaupt eine Rückseite, oder lediglich zwei Vorderseiten? Handelt es sich um ein Original oder um eine Reproduktion? Das Nachsinnen über die Vertauschbarkeit, die Dualität und Ambivalenz der Dinge ist ausdrücklich erwünscht. Ulrichs erweitert hier das Tafelbild mit seiner Vorderansichtigkeit auf ein zweiseitiges Bild, ein räumliches Objekt. Er thematisiert nicht nur die Verwendung der Rückseite als Gebrauchsfläche für Etiketten und Beschriftungen, die er in fotografischer Kopie zur Schauseite erklärt, sondern zugleich auch die gegenseitige Bedingtheit von Vorder- und Rückseite, von Bild und Abbild. In diesem Sinne ist das „bildrückseitenbild“ im Kontext des in den 1960er Jahren wiederentdeckten Textes „Das Kunstwerk im Zeitalter der Reproduzierbarkeit“ zu sehen, den der Philosoph Walter Benjamin bereits 1935 im Exil verfasst hatte. (Autorin: Karin Müller-Kelwing, 2022)
Signatur, Bezeichnung, Inschriften
verso M. l. auf Etikett signiert und nummeriert: "23/50 Timm Ulrichs"; Etikett: "b8 timm ulrichs / bildrückseitenbild 1961/68 / stolpeverlag berlin 39 bergstraße 7a/ nr. 23/50 timm ulrichs"; Etikett: "Abs.: Joh. Chr. Heine G.m.b.H./ Abt. Kunsttransporte / ... Hannover .../ VORSICHT GEMÄLDE! Nicht stürzen!"

Schenkung von Egidio Marzona

Creditline
Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Reproduktion
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