Vorschaubild des Elementes mit der Inventarnummer Z 588
Ort, Datierung
Abmessungen
Rahmenmaß: 48,8 x 37,8 x 3,5 cm; Passepartoutausschnitt: 30 x 22 cm
Inventarnummer
Z 588
Die in Rot, Gelb, Blau und Schwarz ausgeführte Kreidezeichnung von Joan Miró trägt im unteren Teil eine spanische Widmung: „para Ingeborg y Paul Wiener con todo mi afecto“ (Für Ingeborg und Paul Wiener mit all meiner Zuneigung) vom 10. November 1965 und ist vom Künstler signiert. Widmungsempfänger sind der amerikanische Architekt und Stadtplaner Paul Lester Wiener und dessen zweite Ehefrau, die Künstlerin Ingeborg ten Haeff. Wiener, in Leipzig geboren, hatte in Berlin, Wien und Paris studiert und lebte seit 1913 in den USA. Nach dem Erhalt der US-Staatsbürgerschaft 1919 arbeitete er nochmals in Europa bevor er 1928 in USA zurückkehrte. In New York gründete er 1942 mit Josep Lluís Sert das Büro „Town Planning Associates“. Gemeinsam planten sie Städte in Brasilien, Peru, Kolumbien und Kuba. 1948 heiratete Wiener in zweiter Ehe Ingeborg Ten Haeff, die zunächst in Berlin Gesang studiert hatte und ab 1940 mit ihrem ersten Ehemann, Lutero Varga, Sohn des brasilianischen Präsidenten, in Rio de Janeiro lebte. Nach der Trennung 1944 zog sie nach New York, wo sie im Kunsthandel und als Künstlerin arbeitete.
Zum Bestand des Archiv der Avantgarden (ADA) zählen etwa 220 weitere Objekte mit Bezug zu Miró: Einladungskarten, Ausstellungskataloge und –plakate sowie Korrespondenz, darunter Briefe und Postkarten des Künstlers und seiner Frau Pilar Juncosa an Ingeborg ten Haeff und Paul Lester Wiener. Einer dieser Briefe, von Miró am 27. Juni 1952 an Wiener gerichtet, endet mit „je vous prie, mon cher ami, de croire à mis sentiments de sincère amitié“ (ich bitte Sie, mein lieber Freund, vertrauen Sie auf meine Gefühle aufrichtiger Freundschaft) (ADA, Inv.-Nr. A 1/Sur 52, 19). Dies lässt darauf schließen, dass den spanischen Künstler und den amerikanischen Architekten bereits damals eine länger bestehende Freundschaft verband.
Doch wie und wann lernten sich die Beiden kennen? Möglicherweise vermittelte der katalanische Architekt und Städteplaner Josep Lluis Sert diesen Kontakt. Er hatte, wie Miró auch, die Kunstschule Llotja in Barcelona absolviert. Beide verband fortan eine lebenslange enge Freundschaft. Anfang der 1930er Jahre trafen sie sich im Umfeld der GATCPAC wieder, einer Gruppe katalanischer Architekten und Techniker, die in jenen Jahren das Bauen modernisieren wollte. Eine erste Begegnung zwischen Miró, Sert und Wiener könnte bereits im Jahr 1937 im Umfeld der Weltausstellung in Paris stattgefunden haben. Damals hatte Wiener gemeinsam mit Charles H. Higgins und Clarence Levi den US-Pavillon entworfen und weilte in Paris, während Sert mit Luis Lacasa den Spanischen Pavillon, genauer den des republikanischen Spanien, baute, an dessen Ausgestaltung mehrere Künstler beteiligt waren, wie Pablo Picasso, der das Gemälde „Guernica“ schuf, und Miró, der das großformatige Wandbild „Catalan Peasant in Revolt“ beitrug. Miró, der seit 1920 in Paris lebte, hatte dort durch André Masson die Gruppe der Surrealisten kennengelernt, an deren Ausstellungen er sich fortan rege beteiligte. 1940, als Frankreich von den Deutschen besetzt wurde, kehrte Miró nach Spanien zurück. Ab 1956 lebte er in Palma de Mallorca – sein dortiges Wohn- und Atelierhaus ließ er von Sert entwerfen. Dem Architekten Sert wiederum war nach dem Spanischen Bürgerkrieg durch ein Militärgericht der Franco-Diktatur untersagt worden, seinen Beruf in Spanien auszuüben. Er emigrierte 1939 in die USA und arbeitete in New York mit Wiener zusammen. Auch in den wenigen, im ADA überlieferten Schriftstücken von Miró an Wiener und ten Haeff wird Sert explizit erwähnt. 1952 schrieb Miró: „Je rentré de New York et j’ai beaucoup regretté de ne pas pouvoir vous y rencontrer. Avec les Sert nous avons beaucoup parlé de vous.“ (Ich bin gerade aus New York zurückgekommen und habe es sehr bedauert, dass ich Sie dort nicht treffen konnte. Mit den Serts haben wir viel über Sie gesprochen.) (ADA, Inv.-Nr. A 1/Sur 52, 19). Er bedauerte, seinen Freund Wiener nicht in New York getroffen zu haben, währenddessen er jedoch Zeit mit Familie Sert verbrachte und auch das UNO-Gebäude besichtigte. Wiener hatte Miró für die Gestaltung einer Wand im Saal der Delegierten vorgeschlagen – ein Projekt, dass letztlich nicht realisiert wurde. Vermutlich hatten sich der Künstler und der Architekt auch bereits fünf Jahre zuvor getroffen, als Miró 1947 erstmals in den USA weilte, um ein Wandbild für ein Hotel in Cincinnati zu entwerfen, und für neun Monate in einem Studio in New York arbeitete. Weitere Reisen in Zusammenhang mit Aufträgen oder Ausstellungen, meist verbunden mit dem Treffen von Freunden wie Sert und Wiener, folgten.
Unklar bleibt leider, aus welchem Anlass Miró am 10. November 1965 die heute zum Bestand des ADA zählende Kreidezeichnung Ingeborg und Paul Wiener widmete. Zwei Jahre später starb Wiener, was Miró durch Sert erfuhr, wie ein ebenfalls im ADA befindlicher Brief belegt (ADA, Inv.-Nr. A 1/Sur 52, 18). Die Zeichnung verblieb im Besitz von Ingeborg ten Haeff, die später den amerikanischen Slawisten John Lawrence Githens heiratete. Von ihnen erwarb Egidio Marzona das Blatt und übergab es mit seiner ersten Schenkung 2016 an die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. (Autorin: Karin Müller-Kelwing, 2023)
Signatur, Bezeichnung, Inschriften
r.u. signiert, datiert mit Widmung: "para Ingeborg y Paul Wiener, con todo mi afecto. Miró 10/XI/65"

Schenkung von Egidio Marzona. Weitere Vorbesitzer: Ingeborg ten Haeff, Paul Lester Wiener, John Lawrence Githens.

Creditline
Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Reproduktion
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