"Warum habe ich sie noch nicht gemalt? Manchmal wird es ja auch an mich herangetragen, dann sagt Ella: Wann malst Du denn mich? Oder die Mutter sagt: Du hast Deine Tochter gemalt, und dann den Jungen, nun musst Du die Ella aber auch malen, nicht wahr? [...] Aber tatsächlich ist es so, dass mir noch keine Bildidee für Ella eingefallen ist. Vielleicht habe ich zu wenige Probleme mit ihr. Aber hinderlich ist sicher auch, dass einige meiner früheren Bilder solche Monumente geworden sind, also von mir verlangen, jetzt ein noch schöneres Bild zu liefern." (Gerhard Richter 2004, in: Gerhard Richter. Text, Köln 2008, S. 501)
2007 findet Gerhard Richter seine Bildidee in dieser Fotografie. Sie zeigt seine zweite Tochter Ella und diente dem Künstler vorerst als Vorlage für sein gleichnamiges Gemälde. Motivisch knüpft Richter mit dem Portrait "Ella" (903-1) an zwei eigene Werke an. Zum einen an sein Selbstbildnis aus dem Jahr 1996, zum anderen an eines seiner wohl bekanntesten Gemälde "Betty" (663-5). Letzteres zeigt seine älteste Tochter Babette mit abgewendeten Kopf im weißrot gemusterten Bademantel. Die Abkehr vom Betrachter und der Blick in eine unbekannte Ferne haben die Darstellung beider Mädchen gemein. Die fotografische Vorlage ging 2007 nach Vollendung des Gemäldes in den Atlas des Künstlers gemeinsam mit drei weiteren Entwürfen zu diesem Bild auf Tafel 803 ein.
Sieben Jahre nach Vollendung des Gemäldes "Ella" entdeckt Gerhard Richter die Fotografie seiner Tochter im Atelier wieder. In einer kleinen Auflage von 32 Exemplaren nimmt er die Fotografie nun auch in sein Werkverzeichnis der Editionen auf. Es ist ein Beispiel für Richters Ansatz der Gleichwertigkeit von Fotografie und Malerei. Nicht ohne Grund bezeichnet sich Richter einst nicht als Maler, sondern als Bildermacher. (Text: Kerstin Küster 2020)