1971 malt Gerhard Richter fünf Bilder mit dem gemeinsamen Titel „180 Farben“ für eine Ausstellung im Kabinett für aktuelle Kunst in Bremerhaven. Vier dieser Bilder haben das Format von 200 x 200 cm. Das fünfte Werk, heute in der Sammlung des Gerhard Richter Archiv, besteht aus 20 einzelnen Tafeln mit jeweils neun Farben. Richter hatte fünf Jahre zuvor erste Farbtafeln gemalt. „Anfangs reizte mich die für die Pop Art typische Ästhetik der handelsüblichen Farbmusterkarten; mir gefiel die unkünstlerisch geschmackvolle und profane Darstellung der Farbtöne“, erinnert sich Richter 2006. Damals wählt und verteilt er seine Farben auf der Leinwand sozusagen noch nach eigenem Geschmack. 1971 ist sein Zugriff auf die Farben methodischer, indem er die 180 unterschiedlichen Farben aus Rot, Blau und Gelb in systematischen Verhältnissen anmischt und ihre Verteilung auf der Bildfläche auslost. Nur bei den 20 Tafeln korrigiert er die Verteilung der jeweils neun Farben so, dass sich ein homogenes Farbklima ergibt. Einige der Tafeln zeigen neun helle, pastellige Töne, auf anderen stellt Richter neun kräftige dunkle Farben zusammen. Die „180 Farben (301/1–20)“ bilden ein Werk aus modularer Struktur, systematischer Farbgebung, zufälliger Komposition und gestalterischem Eingriff. Als Gerhard Richter die Werkgruppe 1973 erneut wiederaufnimmt, steigert er die Anzahl der unterschiedlichen Farbtöne schließlich auf bis zu 1024 Farbtöne und fügt zu den drei Grundfarben Grün hinzu. (Text: Dietmar Elger 2018)