Bei der Kupplerin
Vermeer, Johannes (1632-1675) - MalerVermeer übertrug in seiner „Kupplerin“ den großen Figurenmaßstab seiner frühen Historienszenen auf ein Thema der Genremalerei. Mit dieser anderen Bildgattung trat auch eine überraschend neue Art des Sehens und Malens in den Mittelpunkt seines Schaffens. Er orientierte sich dabei an den Gemälden einer niederländischen Künstlergruppe, deren Blütezeit bereits 30 Jahre zurück lag: den Utrechter Caravaggisten. Beginnend mit der „Kupplerin”, ziehen sich Elemente dieser künstlerischen Strömung als Entlehnungen oder Anspielungen durch sein ganzes späteres Werk.
Offenbar begann Vermeer das Gemälde in der Absicht, eine Genreszene mit vier nahezu lebensgroßen Figuren in der caravaggesken Tradition darzustellen. Die Gruppe befindet sich hinter einer verhängten Balustrade, wo die Dargestellten auf engstem Raum sowohl miteinander als auch mit dem Betrachter kommunizieren. Vermeer führt uns eine heitere, ruhige Szene vor Augen, der man das Anstößige der Situation im ersten Moment nicht anmerkt. Er lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es sich um eine Kuppelei-Szene handelt: Der betont modisch gekleidete Freier ist gerade beim Bezahlen, während seine Linke die Brust der jungen Frau ertastet. Nicht von ungefähr befinden sich die mit der Geldübergabe beschäftigten Hände genau im Zentrum der Komposition, die durch den oberen Rand der Barriere horizontal in zwei Hälften geteilt ist.
Caravaggio. Das Menschliche und das Göttliche, Ausst.-Kat. Dresden 2020, Gemäldegalerie Alte Meister, hg. von Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Stephan Koja und Iris Yvonne Wagner, Dresden 2020, Abb. S. 107
Gregor J. M. Weber: Mit Worten malen – Marlies Giebe über Vermeer, in: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Birgit Dalbajewa, Andreas Dehmer, Konstanze Krüger, Uta Neidhardt und Christoph Schölzel (Hg.): Die Macht der Malkunst. Beiträge aus Werkstatt und Wissenschaft zu Ehren von Marlies Giebe, Dresden 2020, S. 40–41.
1741 aus der Sammlung Graf Franz Josef von Waldstein (Wallenstein) in Dux für Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen, zugleich König August III. von Polen, erworben; während des Zweiten Weltkriegs zunächst in der Albrechtsburg Meißen ausgelagert; 1943 Umlagerung in den stillgelegten Eisenbahntunnel am Lohmgrund bei Rottwerndorf; im Juli 1945 von der sowjetischen Trophäenorganisation in die UdSSR verbracht; 1945-1955 in Moskau; 1956 Rückkehr in die Dresdner Gemäldegalerie
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