Zwischen 1968 und 1969 entstehen 15 gemalte Seestücke von Gerhard Richter. Darüber hinaus aber auch die Edition 23 „Seestück I“. Für den schwarzweißen Druck kombiniert er ein Luftbild, das er 1968 auf einem Flug nach Mailand aufnahm, mit einer Fotografie einer nur leicht wogenden Meeresoberfläche. 1971 entwirft er für den "Kunst-Kalender 71" der Düsseldorfer Druckerei Kirschbaum ein zweites Seestück in einer Auflage von 100 Exemplaren. Für die farbige Edition 31 „Seestück II“ montiert Gerhard Richter Fotografien, die er 1969 während seines Familienurlaubs auf Teneriffa aufgenommen hat. Dabei setzt er den Horizont genau in die Mitte des Bildmotivs und teilt dem Himmel wie dem Meer den gleichen Bildraum zu. Dadurch schreibt er dem Motiv einen starken Tiefensog ein, der sich durch das tosende Wasser und die sich zum Horizont summierenden Wolkenbänder noch potenziert. Auf den ersten Blick wirkt die Arbeit realistisch, doch ist sie eine optimierte Bildmontage. Richters Landschaften geben nicht die Wirklichkeit wieder, sondern sind konstruierte Bilder, die, so Gerhard Richter 1982, umso besser sind „je schöner, klüger, irrsinniger und extremer, je anschaulicher und unverständlicher sie im Gleichnis diese unbegreifliche Wirklichkeit schildern.“ (Text: Kerstin Küster 2020)