Bei so gut wie allen Porträts von Rosalba Carriera standen die Dargestellten in einem Blickkontakt mit der Künstlerin. Bei diesem Bildnis schaut László Vetési Kökényesdi jedoch weit aus dem Bild heraus. Sein hell erleuchtetes Gesicht mit dem offenen, ergrauten Haar wird durch einen kleinen Steifkragen von seiner edlen Kleidung abgehoben. Über dem dunklen Mantel (Jacke?) mit Knebelverschlüssen und braunen Bordüren, der aus Ungarn stammen soll, legt sich über seine rechte Schulter als kräftiger Farbakzent eine blaue Schärpe. In seiner linken Hand hält Vetési Kökényesdi einen Degen mit Parierstab und halbkugelförmigem Handschutz.
Seit den Dresdner Galeriekatalogen des 19. Jahrhunderts galt der Dargestellte als Edward Graf von Villiers, Hofmarschall des Königlichen Hauses und britischer Diplomat. Allerdings verstarb er bereits 1711, sodass es sich um ein posthumes Bildnis handeln müsste. Dies könnte vielleicht seinen auf ein entferntes Ziel gerichteten Blick erklären. Ein heute in der Münchner Alten Pinakothek verwahrtes Pastell von Joseph Vivien (Inv.-Nr. 9059) soll den ungarischen Oberstleutnant Vetési Kökényesdi in Uniform zeigen, der in Diensten von Maximilian II. Emanuel, Kurfürst von Bayern, stand. Es weist im Gesicht gewisse Ähnlichkeiten mit dem Dresdner Bildnis auf. Zudem befand sich das Carriera-Pastell im Besitz des Kölner Kurfürsten Clemens August, dem Sohn von Maximilian Emanuel. Diese familiäre Verbindung macht die Zuschreibung des Dargestellten als Vetési Kökényesdi wahrscheinlicher.