Als Architekt und Ingenieur montiert der 1957 in China geborene und später in den USA ausgebildete Künstler Bausteine der alten konfuzianischen Kultur mit Mustern zeitgenössischer Denkweisen zu äußerlich einfachen, aber in ihren Bedeutungsebenen sehr komplexen Bildwerken. Nach 2003 treten an die Stelle provokativer Aktionen mehr hintergründige Werke aus wertvollen Materialien wie altem Holz, Porzellan oder kostbarem Marmor. Die Marmorierungen, die bei der klassischen Bildhauerei den Werkstoff unbrauchbar machen, werden in Ai Weiweis „Türen“ zu Protagonisten einer historischen Erzählung: Sie berichten in der Tradition der alten Rollbilder von wunderbaren Berg- und Felsformationen, von Tälern und Klüften und von zauberhaften Drachen und lieblichen Wolkenbildern. Während die historisch überlieferten Mondtore den Blick durch die Palastmauer in die freie Natur oder zumindest in den Landschaftsgarten freigeben, versperren normalerweise Türen den Blick, sie dienen als Schleuse zwischen innen und außen, zwischen Natur und Kultur. Die „Marble Doors“ spiegeln sowohl diese Funktion der rationalen Trennung als auch den Wunsch, den Blick auf fantastische Landschaften zuzulassen. Sie sind Verbindungsglieder zwischen einer romantischen Weltsicht und einer Zivilisation mit Türen, die eine ordentliche Trennung, das Ausschließen, ermöglichen. (Autor: Ulrich Bischoff, 2018)

2009 erworben aus der Galerie Urs Meile, Beijing – Lucerne, als Schenkung von Museis Saxonicis Usui – Freunde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden e.V.