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Zu Rückert, Friedrich: Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt (Der Jude im Wald)

Hegenbarth, Josef (1884-1962) - Hersteller
Ort, Datierung
Material und Technik
Abmessungen
453 x 237 mm
Inventarnummer
C HA 2849
Bestand des Josef-Hegenbarth-Archivs

1813 verfasste Friedrich Rückert für seine sehr viel jüngere Schwester das moralisierende Kindergedicht „Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt“. Von Neid geplagt, wünscht sich ein kleiner Baum statt unscheinbarer Nadeln die prächtigsten Blätter im Wald. Diese werden ihm zwar nacheinander in mehreren Varianten geschenkt, doch auch immer wieder durch verschiedene Ereignisse genommen, bis sich das Bäumchen nach den eigenen Nadeln zurücksehnt, seine Eigenart akzeptiert und damit glücklich wird.
Josef Hegenbarth illustrierte mit dieser 1921 wohl nach einer Kaltnadelradierung (vgl. A HA 0370 und A HA 0371) entstandenen Pinselzeichnung die vierte Strophe des Gedichts. Hier erhält das Bäumchen goldene Blätter, die ihm aber noch am selben Abend „der Jude“ mit „großem Sack und großem Bart“ wegnimmt. Schon zu Lebzeiten des Dichters war – zu dessen eigener Überraschung – Kritik an der antisemitischen Deutbarkeit einiger seiner Texte laut geworden, wenn offenbar auch nicht an diesem Kindergedicht. Doch ohne Zweifel repliziert dessen vierte Strophe das antisemitische Stereotyp einer übersteigerten Geldgier von Juden. Hegenbarth greift das Stereotyp mit seiner Darstellung einer hakennasigen, gebückten und bärtigen Figur auf und nimmt mit dieser Übernahme einer seit Jahrhunderten tradierten, karikierenden Bildsprache auch deren diffamierend antisemitische Aspekte in Kauf. Allerdings fehlt jeglicher biographische Hinweis auf eine judenfeindliche oder sonst wie rassistische Einstellung Hegenbarths, sowohl für die 1920er Jahre als auch für die NS-Zeit.
In der neueren Publizistik wurde erst in den 1960er Jahren kritisch auf den Antisemitismus der vierten Gedichtstrophe reagiert. Die Gestalt des geldgierigen Juden wurde in jüngeren Editionen von Rückerts Gedichten wahlweise durch „Bauer“ oder „Räuber“ ersetzt, nachdem während der NS-Zeit ein 1940 entstandener, aggressiv antisemitischer Zeichentrickfilm der diffamierenden Ursprungsversion zu weiterer Popularität verholfen hatte.
Die Pinselzeichnung wurde 1921 im Rahmen der 143. Ausstellung des Mährischen Kunstvereines in Brünn gezeigt. Sie blieb aber ebenso wie die Druckgrafik zu Lebzeiten des Künstlers unpubliziert. Dafür können verschiedene Gründe maßgeblich gewesen sein, zu deren einzelner Gewichtung derzeit im Josef-Hegenbarth-Archiv des Kupferstich-Kabinetts geforscht wird.
Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden distanzieren sich von antisemitischen und anderen rassistischen Darstellungen, haben aber die Pflicht, sich auch problematischen Werken ihres Bestandes zu stellen. Deshalb wird dieses kritikwürdige Blatt des nicht nur für Dresden, sondern auch darüber hinaus wichtigen Künstlers Josef Hegenbarth mit einem kontextualisierend-begleitenden Kommentar in der Online-Collection der SKD auch weiterhin sichtbar bleiben.
Im Studiensaal des Kupferstich-Kabinetts besteht die Möglichkeit, sich Werke aus dem Bestand der Sammlung vorlegen zu lassen. Einige besonders empfindliche Objekte können nur nach vorheriger Absprache und Genehmigung vorgelegt werden. Nähere Informationen erhalten Sie unter KK.Studiensaal@skd.Museum.
Signatur, Bezeichnung, Inschriften
Bez. u. l.: Josef Hegenbarth/1921. Verso bez.: Illustration zu: Das Bäumchen das/andere Blätter/hat gewollt. Bez. v. f. H.: 1921
Reproduktion
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