Mit der Novemberrevolution 1918 endete auch im Königreich Sachsen die Monarchie. Sie wurde durch eine parlamentarische Demokratie ersetzt, die sich nach mehreren verfassungsrechtlichen Vorstufen letztlich als Freistaat etablierte.
Im Deutschen Reich herrschte mehrheitlich die Ansicht, dass die ehemaligen Herrscherfamilien für den Verlust der Thronrechte und Domäneneinkünfte zu entschädigen seien. Dies war keineswegs zwingend, wie das Beispiel der Republik Österreich zeigt. Im ehemaligen Habsburgerreich, soweit es nach 1806 und 1866 noch Bestand gehabt hatte, wurde das kaiserliche Throneigentum entschädigungslos enteignet. Vergleichbares kaiserliches Throneigentum war allerdings im Deutschen Reich nach 1871 gar nicht entstanden. Der Deutsche Kaiser war somit als Kaiser zwar nicht an den Vermögensauseinandersetzungen beteiligt, für das Haus Hohenzollern als König von Preußen aber sehr wohl; auch mit fideikommissarisch gebundenen, an die Throninhabe gekoppelten Eigentumskomplexen.
Das im Deutschen Reich präferierte Prinzip einer Entschädigungsleistung für den Thronverlust trug der Weimarer Reichsverfassung von 1919 Rechnung, deren Artikel 153 eine Eigentumsgarantie enthielt. Damit und durch weitere Artikel waren entschädigungslose Enteignungen ausgeschlossen. Ein von der KPD 1925 initiiertes Gesetzgebungsverfahren, das zwar am Beispiel des Königreichs Preußen seinen Ausgang genommen hatte, aber auf Reichsebene gestartet worden war, stand dem entgegen, indem es keine Entschädigungen für die enteigneten Fürstenhäuser vorsah. Als dies nicht direkt zum Erfolg führte, strebte die KPD einen Volksentscheid auf Reichsebene zu dieser Frage an, den schließlich auch die SPD unterstützte und der im März 1926 reichsweit durchgeführt wurde, allerdings erfolglos blieb.
Zu diesem Zeitpunkt war im Freistaat Sachsen der Vertrag zur Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Wettin bereits vom Landtag beschlossen und von den Vertragsparteien unterzeichnet worden; mit der Publikation hatte er am 9. August 1924 Gesetzeskraft erlangt. Er sah eine Entschädigung vor und regelte unter anderem die diesbezüglichen Einzelheiten.
Neben einer erheblichen Geldsumme – die sich angesichts der gerade überstandenen Inflation an der Goldmark orientierte, die ihrerseits mit einem festen Kurs zum US-Dollar verrechnet wurde – erhielten die Wettiner Immobilien (Gebäude, landwirtschaftliche Nutzflächen, Gewässer und Wald) sowie zahlreiche Kunstwerke aus den Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, die bis 1918 zum königlichen Hausfideikommiss gehört hatten. Die Sammlungen waren nach der Revolution beim (neuen) Inhaber der Staatsgewalt verblieben, also vom König an den Freistaat übergegangen. Der Kunsthandelswert der abgegebenen Werke wurde geschätzt und mit der zuvor verhandelten Gesamtsumme der Entschädigung verrechnet.
Betroffen von mehr oder minder umfangreichen Abgaben an das Haus Wettin waren die Gemäldegalerie, das Grüne Gewölbe, die Porzellansammlung, das Historische Museum (Rüstkammer/Gewehrgalerie) und die Skulpturensammlung. Das Kupferstich-Kabinett, der Mathematisch-Physikalische Salon und das Münzkabinett blieben zwar von Abgaben an das Haus Wettin verschont. Doch auch sie hatten zahlreiche Werke zu benennen, die mit dem Auseinandersetzungsvertrag nicht in das Eigentum der Kulturstiftung als künftige Trägerin der Sammlungen übergehen würden, sondern in Staatseigentum. Letztere sollten bei Bedarf vom Staatsfiskus zur Sanierung des Staatshaushaltes notfalls veräußert werden können. Die Einrichtung einer Kulturstiftung war vom Verein Haus Wettin in den Verhandlungen durchgesetzt worden, um staatliche Kunstverkäufe aus den Sammlungen wenn schon nicht zu verhindern, so doch wenigstens zu minimieren.
Der Auseinandersetzungsvertrag regelte diese differenzierten Zuordnungen im Detail. Er enthält werkgenaue Listen für die Abgaben an das Haus Wettin zur Entschädigung sowie solche potentiell verkäuflicher Werke zur Übertragung in sächsisches Staatseigentum. Alle übrigen Werke der Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft – und damit der bei weitem überwiegende Teil – gelangten ins Eigentum der Kulturstiftung.
Das Haus Wettin selbst hatte freilich bereits parallel zu den noch laufenden Verhandlungen und der schrittweisen physischen Übergabe der Werke damit begonnen, Teile seiner Bestände auf dem deutschen und europäischen Kunstmarkt zu veräußern. Dies wurde in den folgenden Jahrzehnten fortgesetzt. Solche Werke sind deshalb bis heute nicht selten auf dem Kunstmarkt nachweisbar. So war das Haus Wettin zum Beispiel einer der Haupthandelspartner für legale Ankäufe des von Adolf Hitler 1939 etablierten sogenannten Sonderauftrags Linz, in den auf diese Weise einige Werke Dresdner bzw. wettinischer Provenienz gelangten, die die ehemalige Königsfamilie durch die Vermögensauseinandersetzung erhalten hatte.
In dieser Kategorie der Online-Collection wird eine Auswahl jener Werke publiziert, die in den Jahren 1924 bis 1927 von den Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft als Entschädigung für den Verzicht auf die Thronrechte und Domäneneinkünfte an das Haus Wettin abgegeben worden sind. (Thomas Rudert)

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