Der Maler Anton Raphael Mengs (1728–1779) besaß in seinem Atelier in Rom eine der umfangreichsten Gipsabgusssammlungen seiner Zeit. Hierbei handelte es sich vor allem um Abgüsse berühmter Antiken aber auch renaissancezeitlicher und barocker Kunstwerke, deren Originale sich vor allem in Kirchen, den päpstlichen Museen oder in Privatsammlungen in Italien befanden. Mengs erwarb den Großteil davon über den Kunstmarkt. Er besaß Kontakt zu Sammlern und Händlern wie Charles Townley, Gavin Hamilton oder Thomas Jenkins, sowie zu Bildhauern und Gipsformern, darunter Bartolomeo Cavaceppi, Raimondo Ghelli oder Vincenzo Barzotti, die ihm als Bezugsquellen, Lieferanten oder Hersteller dienten.

1782 erwarb Camillo Graf Marcolini (1739–1814) für die sächsische Kunstakademie in Dresden mit über 830 Gipsabgüssen den Großteil der Werke aus Mengs‘ Nachlass. Sie wurden zunächst (ab 1786) im Doublettensaal des sog. Brühl’schen Galeriegebäudes als Lehrsammlung für die Studierenden der Kunstakademie aufgestellt. 1794 wurde die Sammlung unter der Leitung des Inspektors Johann Gottlob Matthaei (1753–1832) in ein der Öffentlichkeit zugängliches Museum umgewandelt und im Erdgeschoss des heutigen Johanneums, in dem sich außerdem die Gemäldegalerie befand, ausgestellt. Dadurch vollzog sich zugleich ein Paradigmenwechsel in der Bedeutung von Gipsabgüssen vom Künstlermodell zum eigenständigen und ausstellungswürdigen Kunstwerk.

Die Sammlung umfasst vor allem Abgüsse antiker Skulpturen, wie beispielsweise des Torsos vom Belvedere, des Borghesischen Fechters, der Kapitolinischen Venus und der Juno Ludovisi. Zu ihr gehörten aber auch modernerer Werke wie die Abgüsse von Lorenzo Ghibertis Reliefs vom Schrein des Hl. Zenobius in Florenz, Kopien in reduzierter Größe von Michelangelos Allegorien der vier Jahreszeiten von den Grabmälern Lorenzo und Giuliano de Medicis, der Abguss der Gesichtsmaske des Moses vom Grabmal Papst Julius II oder Abgüsse der Putti vom Baldachin des Hochaltars im Petersdom, der unter der Leitung von Gian Lorenzo Bernini entstand.

Seit seiner Eröffnung zog das Museum Kunstinteressierte aus ganz Europa in ihren Bann, die sich in höchstem Lob über die ausgestellten Werke äußerten. An kaum einem anderen Ort konnten in jener Zeit so viele berühmte Skulpturen bestaunt werden, wie in Dresden.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts, der Blütezeit der Gipsabgüsse, zog die Sammlung zuerst in die Sempergalerie und den Zwinger (1857) und später in das Albertinum um (1891). Dort wurde sie vor allem unter den Direktoren Hermann Hettner (1855–1882) und Georg Treu (1883–1915) umfangreich erweitert. Bei der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 wurde auch ein Teil der Gipsabgüsse zerstört. Die Wertschätzung, die man ihnen einhundert Jahre zuvor noch entgegenbrachte, war zu dieser Zeit schon lange verschwunden. In der Folge waren die Gipse längerfristig nur in Depots untergebracht und erst 2016 erfolgte eine Neupräsentation in der Sempergalerie und dem Zwinger, in der über 100 der noch 480 existierenden Werke aus der Mengs’schen Sammlung gezeigt werden.

Zu den Kriegsverlusten gehört auch der Gipsabguss der Laokoongruppe. Ein durch den Dresdner Kunstformer Hans Effenberger im Jahr 2022 neu angefertigtes Exemplar, das von dem Abguss der Laokoongruppe der Universitätssammlung Leipzig abgeformt wurde, wird demnächst in die Dauerausstellung integriert.

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