Mit der Überführung der Gebeine von den Weisen Caspar, Melchior und Balthasar von Mailand nach Köln im Jahre 1164 setzte sich der in der Spätantike begründete Mythos der heiligen Drei Könige in der Domstadt am Rhein fort. Die dort gepflegte Verehrung zog eine große Pilgerschar an, und bis heute steht der goldene Reliquienschrein im Zentrum der liturgischen Verehrung im Kölner Dom. Als Erinnerungsstücke konnten zunächst kleine, gegossene Pilgerzeichen erworben werden. Etwa seit dem frühen 18. Jahrhundert wurden einfache Zettel angeboten, die in hohen Auflagen meist auf Papier, seltener auf Seide, gedruckte kleine Holzschnitte zeigten. Im Deutschen werden sie auch als Angerührtzettel bezeichnet, die die Reliquien berührt haben und so ihre Wirkmacht weitergeben können. Die jeweils beigefügten Texte in unterschiedlichsten Sprachen zeugen von pilgernden Gläubigen aus vielen Ländern.

Um die sichere Ankunft ihrer empfindlichen Pastellarbeiten nicht dem Zufall zu überlassen, stattete die venezianische Künstlerin Rosalba Carriera einen Teil ihrer Werke mit den sogenannten Dreikönigenzetteln aus. Diese nur wenige Zentimeter großen Holzschnitte zeigen die Anbetung des Jesuskindes durch die heiligen Drei Könige. Die Szene variiert in geringfügigen Abweichungen, mal ist sie in einem Innenraum platziert, während ein anderes Mal der Raum nicht genau definiert ist oder die Gruppe auf einer Wolke über einer Landschaft zu schweben scheint. In manchen Fällen wird die Darstellung zudem von einem kurzen Text begleitet, der um den Segen der Heiligen bittet. Deren Segen konnte sowohl für Personen als auch für Gegenstände erbeten werden. So sollten im Fall von Carrieras Werken die Schutzheiligen der Reisenden die fragile Fracht vor Transportschäden schützen und ihre unbeschädigte Ankunft gewährleisten. Meist auf Papier gemalt, wurden ihre Pastelle auf Leinwand und einen Keilrahmen befestigt und noch in Venedig in eine schützende Kassette eingebracht. Dieses Behältnis bestand aus einer Glasscheibe auf der Vorderseite, einem Rahmen und einer hölzernen Rückseite. Fast ausschließlich wurden die im Italienischen als Santini bezeichneten Zettel auf der Rückwand fixiert. Allein in einem der 30 Exemplare des Dresdner Konvoluts – das insgesamt 73 Werke umfasst– fand sich der Zettel in den Rahmen eingesteckt. Bisher ist noch unklar, nach welchen Kriterien Carriera die Santini, auf deren Wirkung sie nachweislich vertraute, an Bildern anbrachte. Auch geben die überlieferten Dokumente keine Hinweise darauf, ob eventuell alle ihre Bilder mit diesen Zetteln ausgestattet waren. Im Bereich der Kunst ist Carrieras Vorgehen bislang auf jeden Fall einzigartig.

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