Suche nach: Bille, Oswin
14.4.1895 Rennersdorf - 27.4.1945 Jahnsdorf
Oswin Bille stammte aus einer alten Puppenspielerfamilie, die seit dem 18. Jahrhundert nachweisbar ist. Seine Eltern waren der Marionettentheaterbesitzer Johann Friedrich Otto Bille (1841-1906) und dessen dritte Ehefrau Maria Sophie Hintze (1858-1927). Während des Ersten Weltkriegs trat Oswin Bille als Schauspieler in einem deutschen Fronttheater in Belgien und Frankreich auf. 1917 heiratete er in Pobershau die Perlenstickerin Elsa Lina Groschopf. Die beiden hatten mindestens acht gemeinsame Kinder. Oswin Bille lebte nach dem Krieg zunächst im Rheinland, wurde aber von den französischen Besatzungsbehörden ausgewiesen und übernahm 1924 als jüngster Sohn Teile des elterlichen Theaters, mit dem er in Sachsen und im östlichen Bayern reiste. Vier seiner Brüder waren ebenfalls Marionettentheaterbesitzer. 1943 wurde Oswin Bille zur Polizei dienstverpflichtet und zunächst in der Polizeikaserne in Chemnitz stationiert und ausgebildet. Zu dieser Zeit musste er den Spielbetrieb einstellen. Seine älteren Söhne wurden zur Wehrmacht eingezogen. Als Hilfspolizist war er im April 1945 in Jahnsdorf bei Chemnitz stationiert. Als die US-Armee kurz vor der Einnahme der Stadt stand, hisste er angesichts der aussichtslosen Lage gemeinsam mit dem Pfarrer eine weiße Flagge auf dem Kirchturm. Abziehende SS-Einheiten ermordeten die beiden am 27. April 1945.
Das Theater wurde 1945 von Lina Bille zuerst mit Hans Bille fortgeführt, dann von ihrem aus dem Krieg heimgekehrten Sohn Kurt Willybald Bille (1922-1946) übernommen. Nach nur drei Monaten wurde er von einem LKW der Roten Armee überfahren und tödlich verletzt. Dann wurde das Theater vom jüngeren Bruder Johann Friedrich Otto Bille (1928-2012) fortgeführt, der nach zahlreichen Repressalien 1960 in den Westen floh und die komplette Bühne zurücklassen musste.
Das Theater wurde 1945 von seiner Witwe zuerst mit Hans Bille fortgeführt, später von seinem Sohn Johann Friedrich Otto Bille übernommen, der 1960 in den Westen floh und das Theater zurücklassen mußte.
Kurt Bille: Chronik der Marionettenspieler aus Sachsen mit geschichtlichen Überblick. Selbstverlag, Hameln 1994, S. 234, 265, 279, 321-334, 415, 430-431.