In der üppigen Mittelblüte eines Bäumchens thront Maria mit dem Jesuskind vor einem großen Haifischzahn. Zwischen dem kräftigen Blattwerk ragen sechs dünne Blütenstengel hervor, an deren Enden gefaßte Haifischzähne, so genannte Natternzungen hängen. Zu Füßen des Bäumchens schläft ein Mann, während auf der Rückseite des felsigen Sockels ein Drache aus seinem Höhlenversteck kriecht.
Bemerkenswert an diesem sehr seltenen Stück ist die Durchmischung von christlicher Thematik und Wunderglaube. Versteinerte Haifischzähne galten bis ins 16. Jahrhundert als Zungenspitzen von Nattern (Drachen), und man sprach ihnen heilende Kräfte sowie die Fähigkeit zu, Gift anzuzeigen. "Natternbäumchen" standen daher auf Kredenzen in der Nähe der Speisetafel, um durch schwitzen und Wechsel der Farbe vor Giftbeimischungen in Speisen oder Getränken zu warnen.
Die figürliche Darstellung steht in nur lockerem Zusammenhang mit dieser Funktion. Der schlafende Alte (Jesse) sowie der Baum selbst, als dessen "Blüte" Maria und das Jesuskind erscheinen, folgen dem im Mittelalter weit verbreiteten Bildtyp der Wurzel Jesse. Das Bäumchen versinnbildlicht damit den Stammbaum Jesu, der bis zu Jesse, dem Vater König Davids, zurückverfolgt wird. Auf der felsigen Basis war vermutlich außerdem der Kampf des hl. Georg (verloren) mit dem Drachen zu sehen.
Der Glaube an den Schutz und die Heilkraft von Natternzungen verbindet sich so mit christlichen Erlösungs-und Heilsvorstellungen und verleiht dem Bäumchen eine religiöse Dimension.