Renée Sintenis war eine der erfolgreichsten deutschen Bildhauerinnen der 1920er und 1930er Jahre. Berühmt wurde sie vor allem durch kleinformatige Tierplastiken, die auf der Grundlage eines genauen Naturstudiums entstanden. Zu ihren bekanntesten Werken gehört der „Berlinale Bär“, der seit 1951 alljährlich zum Abschluss der Internationalen Filmfestspiele in Berlin verliehen wird. Sie schuf weibliche Aktstatuetten, Figuren von Sportlern, Medaillen und Plaketten, Bildnisse und nicht zuletzt Selbstporträts. Die mondäne Künstlerin war eine auffallende Erscheinung – eine hoch gewachsene, schlanke Frau mit einer modernen Kurzhaarfrisur – und wirkte mitunter androgyn.
Als das Selbstbildnis entstand, war Sintenis 35 Jahre alt, ihre Karriere verlief immens erfolgreich. Das Bildnis ist auf die Wiedergabe des Gesichts beschränkt und betont ihren langen, schlanken Hals und die hohen Wangenknochen. Die Lippen sind voll und sinnlich, die Nase kräftig modelliert, die Pupillen nicht plastisch gestaltet. Dadurch ist der Blick primär nach innen gerichtet, worin Modell und Skulptur sich offensichtlich gleichen. Das in sich gekehrte Wesen der Künstlerin wird häufig hervorgehoben und kommt in ihrem Porträt zum Ausdruck. Ein zeittypisches Merkmal der Bildhauerei der 1920er Jahre ist die Art der aufgelockerten Oberflächenbehandlung, die bei vielen ihrer Bildhauerkollegen festzustellen ist, wie bei Hermann Haller oder Ernesto de Fiori. Ebenso wie diese Künstlerkollegen gehörte Sintenis ab etwa 1920 dem Berliner Kreis um den Kunsthändler Alfred Flechtheim an. (Autor: Astrid Nielsen, 2018)

1924 erworben vom Graphischen Kabinett Erfurth, Dresden